Spät geht’s los, aber ich freue mich

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Die Alpen, unendliche Weiten. Wir schreiben das Jahr 2016. Dies sind die Abenteuer meines Specialized Stumpjumper Mountainbikes, das mit seiner 1 Mann starken Besatzung 7 Tage unterwegs sein wird, um fremde Trails und Forstwege zu erforschen, neue Eindrücke zu gewinnen und neue Menschen kennen zu lernen. Viele Kilometer von seiner Heimatbasis Goslar entfernt dringt das Rad in Sphären vor, die seine neuen Mäntel noch nie zuvor gesehen haben.

Es geht nun bald los. Die längste Etappe meiner oben so bekannt beschriebenen Transalp mit dem Mountainbike liegt vor mir. Dafür hat die erste Etappe die geringsten Höhenmeter zu verzeichnen. Das Rad ist eingepackt, Kette geölt, die Bremsen erscheinen -und das ist eine Ausnahme in diesem Jahr- auch in Ordnung und so kann es mit hoffentlich vollständigem Gepäck losgehen. Vor mir liegen 672 Kilometer und 508 Höhenmeter. Nun gut, die erste Etappe fahre ich nicht auf meinem Fahrrad. Mit dem Auto geht es von Goslar zum Startpunkt nach Grainau am Fuß der Zugspitze. Im letzten Jahr habe ich diesen Weg erstmalig auf mich genommen.

Doch was erwartet mich in diesem Jahr? Ich bin alleine. Daher ist es wichtig: Wie werden meine Mitstreiter auf der 6-tägigen Tour quer über die Alpen sein? Haben wir eine Wellenlänge, ist das Leistungsniveau ausgeglichen und überfordert mich nicht? Wird uns der Guide die 400 km gut begleiten? Werden mich die bis zu 10000 Höhenmeter, die in den 6 Tagen im Fahrradsattel zu erklimmen sind, an meine Grenzen bringen? Ist das Wetter der letztjährigen Alpenüberquerung überhaupt zu toppen oder auch nur annähernd zu erreichen? 6 Tage Sonnenschein sind schon sehr aussergewöhnlich gewesen und ich erwarte ganz ehrlich viel schlechteres Wetter.

Doch wie wird es sein, wenn sich der bisher sehr unbeständige Sommer weiter von seiner nicht besten Seite zeigt? Egal, ich muss da jetzt durch! Und wenn wir 8 Stunden durch den Regen fahren müssen – ein Zurück gibt es nicht mehr. Ich wollte es ja nicht anders! Dafür habe ich auch zu vieltrainiert. 2500 Kilometer mit knapp 55.000 Höhenmeter hat mein Mountainbike in diesem Jahr schon mit mir erklommen. Die Harzer Wege kenne ich zwar noch nicht alle, doch nach insgesamt 6 Tagen und 15 Stunden auf dem Fahrrad habe ich neue Gegenden im Harz erkundet, in die wahrscheinlich vor mir noch gar kein Mensch vorgedrungen ist. 😉

Aufstehen war um 06:30 Uhr angesagt. Das Auto wurde gepackt, mein Rad geholt -halt! Was ist das für ein Mist? Mein Hinterrad hat einen platten Reifen. Das fängt ja gut an. Also hieß es noch einmal einen Schlauch einziehen. Ich dachte, dass so etwas bei schlauchlosen Reifen nicht passieren kann. Weit gefehlt! Damit stieg meine Laune nicht gerade in unermessliche Höhen. Zumal es schon um 08:00 Uhr wieder recht warm war. Letztlich bin ich um 09:00 Uhr losgekommen. Abschiedsumarmung für Oskar und dann auch Claudia. Und es ging über Bad Harzburg in Richtung Bernburg, Leipzig. Von hier die A9 in Richtung München.

Nach mehreren Stunden gemütlichem Fahren war mein Navi kaputt. Ich hatte schon knapp 300 Kilometer hinter mir und das Navi zeigte als Ankunftszeit 19:20 Uhr an. Hat da die Qualitätssicherung von VW einen Softwarefehler übersehen? Die Ankunftszeit kann nicht sein. Nach etwas Suchen die Lösung: Vor München 20km Stau mit knapp 2 Stunden Zeitverzug. Alternativen? Ja, die gab es. Von Nürnberg über Heilbronn nach Kempten. Doch auch dort: Stau! Also entschied ich mich, die Zeit auf der Autobahn im Stau bei 32 Grad Celsius zu genießen. Die Klimaanlage arbeitete bestens und am vermeintlichen Stau angekommen entpuppten sich die Verkehrsmeldungen als Falschmeldungen. Nun gut, 17 km in einer Baustelle mit 60 fahren ist auch keine Freude, aber es ging wenigstens voran.

Nun noch kurz durch München durch und die letzte Stunde war angebrochen. 15:30 Uhr: Ich sehe die ersten Berge der Alpen. Auf der A95 von München in Richtung Garmisch sehen sie so groß aus. Da will ich also rüber…, und ich freue mich schon. Der Himmel ist 1a blau, etwas Kumuluswolken und jetzt zeigte das Navi 16:10 Ankunftszeit. Und diese stimmte genau.

Von der langen Fahrt alleine ohne Unterhaltung und Fahrerwechsel bin ich doch arg kaputt und durchgeschwitzt. Also schnell Einchecken, Fahrrad raus und HALT!!! Heute ist nicht mein Tag. Mein Hinterrad hat einen Platten. Ich werde wahnsinnig. Also Schlauchwechsel die 2. Dummerweise finde ich nichts im Mantel. Kein Splitter, kein Stein… Also neuer Schlauch rein und die 3,5 Liter Wasser, die ich bis dahin heute getrunken habe, sind in 10 Minuten ausgeschwitzt. 32 Grad. Es ist heiß! Mittlerweile ist der Schlauch geflickt. Er hatte in der Tat ein Loch. Ich schwitze immer noch wie ein Bär und hoffe, das das für mich der letzte Schlauchwechsel auf dieser Tour sein wird! In 20 Minuten sehe ich nun meine Mitstreiter. Mal sehen, was mich erwartet…

Mich erwartet eine nette Truppe: ein Ehepaar aus Salt Lake City, ein Paar aus München, ein Radler aus Erlangen sowie -man glaubt es kaum: ein weit entfernter Arbeitskollege aus Braunschweig, der im Team eines Nachbarn arbeitet. So klein ist die Welt. Wenn ich unserem Guide Robert, dessen Drahtigkeit Schlimmes erahnen ließ (da sehe ich kein Gramm Fett, nur Muskeln) Glauben schenken mag, dann legt er sehr viel Wert auf den Genuss der Natur. Genau das ist es, was ich bei dieser Transalp erleben möchte.

Also auf geht’s morgen früh um 09:00. Und wenn alles gut geht, berichte ich dann von der ersten Etappe vom Grainau zum Eibsee über die Hochthörlenhütte nach Ehrwald. Nachfolgend überqueren wir den zweiten großen Berg, so dass wir dann in Karres mit Blick ins Inntal unser Abendessen redlich verdient haben sollten. Zwischen 1500 und 2000 Höhenmeter liegen vor uns. Ich freue mich drauf. Nun noch gute Nacht.

Es folgt noch der Ausblick aus meinem Zimmer auf die Garmischer Berge

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