Heute machen wir unser eigenes Ding

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Ullrich:

Die Nacht auf der Garibaldi Hütte war stürmisch. Es zog an meinem Bett, weil 6 Personen doch Sauerstoff brauchten und wir das Fenster in Badezimmer, welches im Übrigen recht klein und niedlich war, offen ließen. Ich hatte schon die Befürchtung, dass ich durch den Zug eine Erkältung erhalte. zum Glück ist das ich passiert. (NACHTRAG: Und es ist doch passiert, einen Tag später war mein Hals dick, der Husten begann und ich fühle mich jetzt zu Hause angekommen, immer noch nicht wohl)

Ich stand recht früh auf, denn Frühstück sollte es um 7:00 Uhr geben. Und ich wollte natürlich noch Fotos vom Ortler schießen und den Sonnenaufgang fotografieren. Letzteres gelang nicht, da sich das Wetter sehr schnell änderte. Nebel und Wolken zogen auf und so war ich nicht unglücklich, gestern die Entscheidung getroffen zu haben, den Goldseetrail nicht zu fahren. Die Ausssicht war gleich Null.

So fuhren wir nach einem spartanischen Frühstück los. Die Uhr zeigte 08:00 Uhr. 100 Meter runter zum Joch, wo Frank dann noch Bremsen wechseln wollte. Gessagt, getan und weiter ging es zurück ins Val Müstair über den Umbrailpass. Wir fuhren in Tal. Dort angekommen den Radweg zurück nach Laatsch, den wir zwei Tage zuvor gekommen waren. Und es war beeindruckend, wie lange wir bergab fahren konnten. Das mussten wir ja alles hochgestrebten haben. Und so waren Frank und ich mächtig stolz.

In Laatsch entledigte ich mich noch meiner Oberbekleidung. Der Kälte der Höhe am Stilfser Joch bei über 2900 Metern folgte jetzt eine wohlige Wärme im Tal. Und es waren Gerüche da! Genau wie letztes Jahr bei meiner Transalp. Das durch Morgentau und Regen nasse Gras und Heu produzierte wohlige Gerüche, die durch eine schemenhaften Sonneneinstrahlung noch verstärk wurden. So kann das Radeln auch nebem dem physischen Genuss (wenn es dann einer ist) und den optischen Genüssen der hochalpinen, teils einsamen Bergwelt auch olfaktorische Genüsse bieten. Einfach herrlich. Das ist es, was ich letztes Jahr schon beschrieb und dieses Jahr auch wieder genießen konnte.

Wir fuhren kurzärmlich entlang eines Radwegs bis nach Schleis. Von hier ging es wieder 1200 Höhenmeter bis zur Sesvenna Hütte. Am Anfang ging es noch über geteerte Straßen, um nach ca. 30 Minuten in Schotterwge zu übergehen. Pünktlich um 11:30 hatten wir zum Mittag Schlining erreicht. Hier gab es nichts zu essen und der Hunger trieb Fank. So fuhren wir noch kurz zur Schlininger Alm, um bei Kaiserschmarrn noch ein Getränk zu uns zunehmen.
Die letzten 200-300 Höhenmeter zur Sesvenna Hütte waren nicht fahrbar. Zumindest nicht für mich (und wie sich später zeigte auch die überwiegenden Anzahl einer Mitstreiter) Die Steigung war viel zu hoch und das Geröll rutschte andauernd unter den Reifen weg. Zu erwähnen sei noch, dass natürlich Holger, und die beiden Patricks, die auf der Tour wahnsinnige Leistungen zeigten, die Steigung fast komplett hoch fuhren. Meinen größten Respekt hierfür.

Doch auch schiebend könnte ich die Sesvenna Hütte pünktlich um 14:00 Uhr erreichen. Frank kam etwas später. Unsere Mitstreiter trudelten teils mit Busunterstützung (von Schleis nach Schlining) über den Nachmittag ein. Wir genossen die entspannte Atmosphäre und waren auch froh, unserem Körper mal einige Ruhe geben zu können. Das brauchte mein Körper auch dringend. Die Beine waren müde, die Konzentration teils dahin und so schlief ich beim relaxen auf einer schönen Holzliege mit Blick hinab in das Vinschgau ein, bevor ich nach kurzer Zeit vom telefonierenden Frank geweckt wurde.

Ich möchte noch erwähnen, dass es gerade die Truppe, die wir waren, ausmachte, dass jeder so fahren konnte, wie er eben konnte. Die einen schwierigere Passagen lockerer, die Anderen steile Aufstiege schneller. Die Einen teils schiebend, die Anderen danne ben fahrend. Holger, dem hier noch einmal großes Lob gezollt werden soll, führte uns, wie es nötig war. Und jedes Gruppenmitglied war tolerant dem anderen gegenüber und half, wo es nötig war.

Nun noch kurz zur Sesvenna Hütte: Die Atmosphäre hier oben war toll. Ein Wirt, ein Original mit sehr angenehmer und präsenter Ausstralung. Und durch ein T-Shirt mit der Aufschrift “PEARIG” interessiert, erläuterte mit der Hüttenwirt noch die Bedeutung des für mich unbekannten Wortes. Es steht dafür, dass eine weibliche Sau paarungsbereit ist. Dazu sagt man im Südtiroler Dialekt auch ‚pearig‘“. Nun gut, damit erübrigte sich der Kauf eines T-Shirts mit dem Aufdruck für meine Frau. Wer weiss, wie sie das verstanden hätte…

Nach einem netten Abendbrot und erzählen bis 22:00 und die Gruppe war in toller Stimmung. Holger wollte noch ein Geselschaftsspiel spielen, doch das verblieb angesichts der netten und lustigen Unterhaltung. Um 10:00 Uhr ging es dann ins Bett. Wieder war ein Mehrbettzimmer unseres. So schliefen Frank und ich dieses Mal mit 4 Personen in einmaliger Dunkelheit und Stille ein. Ich denke, das könnte ich öfter so genießen. In Ruhe und in der Mitte der Natur einfach die Zeit genießen und zur Ruhe kommen. Warum mache ich das nicht öfter? Mal sehen, ob sich irgendwann noch einmal eine Möglichkeit ergibt, oder ich dies Möglichkeit schaffe. Ich denke schon!

Die Nacht war unruhig. Warum? Das lag am Programm des nächsten Tages. Doch dazu später mehr.
Liebe Grüße
Ullrich

Frank:

Ruhige Tour zu zweit
Der morgentliche Gang zur Toilette ist normalerweise nichts, was ich in einem Reisebericht beschreiben würde. Das tue ich natürlich auch jetzt nicht. Das Toilettenfenster ist das Besondere – bzw. der Blick direkt ins Tal auf die Passstraße. Aufsteigende Wolken, Gletscher des Ortler im Hintergrund und bestimmt 30 Kehren der Passstraße – spektakulärer geht es kaum die Morgentoilette zu verrichten. Das Frühstück war gut. Um 8:00Uhr ging es los – heute in zwei Teilgruppen (später sogar drei). Während sich der Großteil der Gruppe auf den Goldseetrail begab, der für einige steile Passagen (für mich Schiebepassagen) bekannt ist, entschlossen Ullrich und ich mich nach Rücksprache mit unserem Guide Holger für die Abfahrt über den Umbrailpass nach St. Maria und dann durch das Val Mustair bis Schleis. Das war zwar etwas weniger spektakulär, hatte aber die gleichen Eckdaten zu bieten – denn das Ziel war das Selbe und der tiefste Punkt war auch derselbe.

Auf der Passhöhe musste ich noch eine Bremse wechseln und dann ging es über die früh am Morgen noch leere Passstraße zum Umbrailpass und dann weiter ins Val Mustair. Bei einer solchen Abfahrt (fast 30 Minuten stetig steil bergab) wird einem erstmal bewusst, was man sich für Höhen erkämpft hat. Landschaftlich schön, aber glücklicherweise ohne weitere Schwierigkeiten erreichen wir St. Maria, um auf dem Waldweg durch das Val Mustair nach Glurns und dann nach Schleis weiterzufahren. Nach anderthalb Stunden erreichen wir den Dorfbrunnen von Schleis im Vinschgau. Die Trinkblasen werden gefüllt.

Langer Aufstieg nach Schlinig
Ein langer Aufstieg über Anfangs Straße und später Waldwege beginnt. Die 900hm bis Schlinig führen durch teilweise dichte Nadelwälder, schöne Almen, an Bächen entlang, bis wir nach ca. 2 Stunden Schlinig erreichen. Nach kurzer Suche für ein Mittagessen entschließen wir uns zur Weiterfahrt, um an der Schlinigalm zum Mittag zu speisen. Die Fahrt dorthin wäre eigentlich einfach, wenn dort dann nicht plötzlich Gegenwind gewesen wäre. Aber nach 20 Minuten konnten Ullrich und ich leckeres Mittagessen (Hirtenmakaroni) bestellen und in aller Ruhe die Sonne genießen. Wir waren ja schon kurz vor dem Tagesziel. Aber auch das musste noch erarbeitet werden. Sehr steil führte ab der Schlinigalm ein kleiner Weg vorbei an einem Wasserfall zur 300m höher liegenden Hochebene. Wenige meter nach Erreichen der Hochebene kommt dann auch die Sesvenna-Hütte ins Blickfeld – das Tagesziel. Erwartungsgemäß waren wir vor den anderen da. Um 14:15Uhr legten wir uns auf ein paar Sonnenliegen und freuten uns auf einen entspannten Nachmittag.

Um 15:30 Uhr und um 17:00 Uhr folgten jeweils weitere Mitglieder unserer Gruppe. Einige hatten aus dem Tal einen Postbus genommen und hatten sich den Anstieg nach Schlinig gespart. Den legendären Apfelstrudel der Sesvenna-Hütte musste ich mir gönnen. Die Hüttenwirte – zwei charismatische Brüder – reichten uns ein tolles Abendessen um 18:30Uhr. Weitere Biker und Wanderer waren noch eingetroffen und es wurde ein schöner und unterhaltsamer Abend auf der Hütte.

Noch ein Blick zurück im Nebel auf unsere Herberge der letzten Nacht
Bei der Abfahrt vom Umbrailpass wurden Erinnerungen wach. Im Hintergrund Sta. Maria im Münstertal. Dort sind wir vorgestern hoch geradelt.
Die letzte Steigung. Der Wasserfall musste erklommen werden. Dahinter liegt die Sesvenna Hütte
Ein Blick zurück nach Schling, Letztlich war es ein gemütlicher Tag..