Die 100km von Südtirol

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Ullrichs Tag

So, nun ist der vorletzte Tag der diesjährigen Transalp vorbei und der gestrige Tag ist noch nicht geschrieben. Dieses will ich jetzt nachholen. Doch warum ist noch kein Bericht von gestern online? Ganz einfach: Gestern, am 5. Tag der Transalp, und somit dem 4. Tag auf dem Bike, war ein immens langer Tag. Wir sind nach meinen Aufzeichnungen knapp 1800 Höhenmeter gefahren und haben dabei 100 km zurück gelegt.

Durch viele Trails, die wir vom Vigiljoch herunter gerfahren sind, haben wir ganz die Zeit vergessen. Und wir mussten doch noch von Lana nach Bozen. Denn unser Hotel war in Bozen. So kamen wir erst gegen 19:00 Uhr im Hotel an. Nach dem Abendessen war ich dann schlicht und einfach zu müde, noch zu schreiben. Das wird also im Folgenden nun nachgeholt. Und das der Reihe nach.

Wie jeden morgen diese Woche, hieß es gegen 06:30 Uhr aufstehen, dann anziehen, Frühstücken und um 08:30 hieß es einklicken auf dem Marktplatz von Glurns. Glurns ist eine wunderschöne mittelalterliche Stadt im Vinschgau und das Hotel Grüner Baum ist ein Gedicht. Whirlpool auf der Terasse mit Überblick über die mittelalterlichen Dächer, wo gibt es das sonst noch? Der Morgen begann auch gleich mit einem Schnapper. Nach 50 Meter ging es in der Fallinie in die Weinberge hoch, die hier die Stadt umsäumen. Das hatte mir nach der Nacht gerade noch gefehlt.

Die Nacht war heiß. Nicht so, wie das der geneigte Leser interpretieren mag. Nein, das Zimmer, das wunderschön war, hatte eine Temperatur, wie in einer Sauna. Doch Fesnter öffnen war nicht drin. Flugameisen!. Das hatte ich schnell raus, denn irgendwie hatten sich die Viecher meinen Körper als Landebahn ausgesucht. Die Nacht war also nicht sehr erholsam, der Tag zuvor ja anstrengend und danach gleich noch kalt die Fallinie hoch, das war schon ein Ding. Aber gleich nach 15 Minuten ging es dann in den ersten Trail. Der Blick auf das Vinschgau bei strahlender Sonne. Einfach ein Traum!. Und flowig war der Trail auch. Natürlich ging es nicht immer bergab aufdem Trail, sondern sogleich wieder bergauf. Warum? Weil der nächste Trail wartete. Die Sonne stach vom Himmel. Es war schon sehr heiß und so kam die Bewässerungsanlage der Apfelplantagen gerade recht. Denn beim Aufstieg zum zweiten Trail fuhren wir erstmal einige Meter an Apfelplantagen vorbei. Nun gut, heiße Sonne, Anstrengung bei Bergauffahrt, was liegt dort näher, als die Erfrischung durch Wasser. Und die haben wir kostenlos durch die Apfelbauer bekommen. Nicht nur beim Aufsteig zum zweiten Trail, sondern auch danach. Denn dort ging es wieder durch Plantagen. Ebenso nach unserem unfreiwilligen Eisstop, den wir angesichts eines platten Reifens einlegen mussten. Ein zweiter Platten folgte 10 Minuten später, so dass das zweite Mal an diesem Tag ein Reifen gewechselt werden musste.

Nun gab es keinen anständigen Trail mehr und wir wechselten auf den Etsch Radweg. Nicht gerade das, was ein Mountainbiker gerne fährt, aber das Vinschgau ist lang und wir müssen ja noch nach Bozen. So fuhren wir bei einer Steifen Briese von vorne flußabwärts. Das Tempo war trotzdem nicht moderat, sondern eher sehr schnell. Wir überholten andere Radfahrer und auf dem Radweg zogen wir uns angesichts unseres Tempos sicher den Zorn einiger anderer Radfahrer, die wir überholten zu. Es ging hier auch zu, wie auf der A39 im Berufsverkehr.

Mittags hatten wir in einem Biergarten hoch über dem Vinschgau gegessen. Das war super toll, der Wald spendete Schatten und das Essen brachte notwendige Kohlehydrate. Diese brauchten wir auch. Denn nachdem wir um 15:00 Uhr aus Rabland mit der Seilbahn Aschbach einige Höhenmeter überwunden hatten, ging es weitere 500 Höhenmeter zum Vigiljoch. Das war einfacher Forstweg, wie ich ihn im Training zigmal in Richtung Käste gefahren bin. Oben angekommen warteten aber wieder Trails auf uns, bis wir noch kurz etwas trinken konnten. Das geschah am Vigilius Restaurant. Es war mittlerweile 17:00 Uhr und so fuhren wir ab. Natürlich wieder über Trails. Klasse! Diese waren jetzt aber eine andere Liga. Die Trails letztes Jahr bei “Best of trails” waren dagegen häufig recht einfach zu fahren. Die Steilheit hatte es in sich. Ich schätze mal 35-40% Steigung und dazu noch verblockte Wege. Die Bremsen glühten, die Konzentration war auf dem Siedepunkt und es hat Spaß gemacht. Lutz schaute auf die Uhr und es war 17:30 Uhr.

Ach du, wir mussten ja noch nach Bozen. Das waren noch locker eine Stunde Fahrt aus Lana. Somit fuhren wir aus Richtung Ultental nach Lana. Dieses Mal jedoch Straße. Eine Umleitung in Lana führte zu weiteren Höhenmetern und Zusatzweg. Letztlich kamen wir irgendwann auf den Radweg und hatten wiederum Gegenwind. Mit einer Geschwindigkeit von 17 km/h fuhren wir gen Bozen. Das hatte zur Folge, dass eine Mitradelnde doch sehr gelitten hatte. Sie war einfach kaputt und wurde immer langsamer. Markus hat den Windschattenspender gegeben und so kamen wir um 19:00 Uhr endlich im Hotel in Bozen an.

Ich war recht sauer, weil wir doch einige Zeit hätten sparen können, wenn wir auf den Trails nicht immer hätten warten müssen. Trailfahren ist nicht jedermanns Sache. Aber das ist in einer Gruppe eben so. Man sollte auch auch die Schwächeren Rücksicht nehmen. Habe ich auch getan und habe natürlich nichts gesagt. Andere Gruppenmitglieder legten jedoch eine Kommunikation an den Tag, die der Einsteiger Gruppe nicht gerecht wurde und eher belustigend über die Gruppe wirkte. Ich fand das so zum Kotzen, dass ich beim Mittagessen schon einmal etwas dazu sagte. Dass diese gleichen Gruppenmitglieder über die Einsteigergrupe, wo Claudia und Sabine mitfuhren, vermeintlich lustige Späßchen machten, ist nicht nur unverschämt, sondern auch absolut unsensibel und nicht gruppenfördernd.

So war ich um 19:00 Uhr bedient angekommen und habe nach Dehnen, Duschen und Ankleiden nur noch den Wunsch, schnell zu essen und ab ins Bett. Denn die 100 km haben mich nicht umgebracht, aber etwas müde war ich schon und eben angesichts des oben Geschilderten nicht besonders gut gelaunt. Ich hatte mich einfach geärgert. Und nicht nur ich, sondern auch Claudia und Sabine, die die vermeintlichen Späßchen im Herz trafen.

Daher will ich hier auch noch einmal schreiben, dass ich finde, dass die Einsteigergruppe ihre Sache gut machen. Ich ziehe meinen Hut, bzw. Fahrradhelm vor der Leistung der Beiden. Ist ja ihre erste Tour und ich erinnere mich, wie schwer meine erste Tour war. Dafür machen sie das wirklich hervorragend. Und Lästereien oder Späßchen sind absolut unangebracht. So etwas hatte ich auf einer meiner bisher 3 Touren auch noch nicht erlebt. Und ich war enttäuscht. Primär wegen der in meinen Augen Unverschämtheit einzelner Gruppenmitglieder, die die Wirkung auf Claudia und Sabine entweder nicht merkten (dann waren sie unsensibel), oder denen das egal war und sie wollten sich über die Beiden erheben (dann war das peinlich).

Ich war ggf. auch nicht so gut gelaunt, weil die Tour sicher nicht so schön war, wie die bisher gewählten Touren. Wir haben unheimlich viele Transferpassagen drin. Lutz gibt sich viel Mühe, für uns das Beste heraus zu holen. Aber mit der Natur der Garmisch-Comer See Tour oder auch der Best of Trails, bei der wir Natur pur hatten und ganz viel hochalpine Eindrücke sammeln konnten, ist diese Tour nicht zu vergleichen.

Dann musste nach dem Abendessen auch noch um 22:00 Uhr das Bremssystem optimiert werden. Denn die Bremsklötze waren abgefahren und bedurften noch eines Tauschs. Vorne war das gar kein Problem. Hinten gab es viele Probleme, Das Schleifen war nicht weg zu kriegen, mein Shirt durchgeschwitzt im schwülen Keller. Und nach knapp 30 Minuten hatte ich das Problme zumindest rudimentär gelöst. Aber zurück zu Hause, muss ich noch einmal schauen, was der Fahrradladen in Prutz mit meinem Hinterrad und mit der Bremse gemacht hat. Gutes wahrscheinlich nicht.

Nun gibt es aber über den Tag nicht mehr viel zu berichten, ausser die unterschiedlichen Gerüche, die ich heute wahrnehmen konnte. Von der feuchten, frischen Luft in den Obstplantagen bis hin zu den durfitgen Waldeindrücken, die so schön natürlich rochen war mal wieder alles dabei. Leider auch Autoabgase, die wir entlang der Straßen dann doch einatmen mussten. Denn die Lkw, die uns überholt haben, nahmen keine Rücksicht und so haben wir Ruß und Stickoxyde eingeatmet. Natürlich nicht Volkswagen Stickoxyde. Denn die sind mittlerweile ja sauber ;-).

Ergänzung durch Claudia

Für den heutigen Tag stand eine entspannte Tour auf dem Programm – so sagte es Julian. Wir starteten um 8:57 h in Glurns und radelten recht fix auf der Via Claudia Augusta in Richtung Meran, Lana und Bozen, wo wir unterhalb der Burg Sigmundskron übernachten sollten. Wir radelten fix, obwohl wir sehr heftigen Gegenwind hatten, aber konnten uns dabei auch noch unterhalten. In manchem Teilen wären wir rückwärts geradelt, wenn wir nicht gegengetreten hätten. Irgendwann sah Julian, dass Lutz ihn angerufen hatte und so erfuhren wir, dass eine Teilnehmerin in unsere Gruppe wechseln wollte. Wir warteten eine gute Stunde und nutzen diese Zeit für Balancetraining und Dehnübungen und Julian übte das rückwärts radeln.

Es war schon erstaunlich, wie viele kleine und große Radgruppen, Einzelradler und Rennradfahrer in dieser Zeit an uns vorbeifuhren. Gemeinsam ging es weiter. Diese Etappe waren wir dann schon ein wenig früher, nämlich gegen halb fünf im Hotel. Je später es wurde, desto mehr wunderten und sorgten wir uns, weil die anderen nicht kamen.

Das Hotel hatte eine tolle Lage. Die Dame an der Rezeption war etwas ‘angetrocknet’ distanziert, aber wenn man freundlich zu ihr war, konnte man doch ein Lächeln erreichen. Die Chefin des Hauses sprudelte nicht gerade vor Freundlichkeit, arbeitete aber trotz ihres Rollators noch mit. Irgendwie hatte das alles auch seinen Charme – eben anders, als bisher.

Beim Quatschen vor dem Abendbrot in lockerer Runde und während des Essens merkte ich zunehmend, dass meine und Sabines Leistungen doch zur Belustigung einiger in der Gruppe beitrugen und dass hier auch der eine oder dieandere nicht merkte, dass das unprofessionell war. Ich habe den einen oder andern Spruch die Tage schon immer mal wahrgenommen, aber irgendwie war es dann genug und ich merkte, dass mir das emotional doch sehr zusetzte. Nach einem kurzen Gespräch mit Sabine war uns klar, dass wir das ansprechend wollten. Trotzdem beschäftigte mich das in der Nacht weiterhin. Wir haben die Situation morgens passend adressiert und das war auch sehr gut so.

Die fehlende Wertschätzung und teilweise auch damit verbundene Abwertung meiner und unserer Leistungen haben wir schon sehr zu schaffen gemacht. Ich hatte im Vorfeld mehr trainiert, als empfohlen war, hatte sogar den kleinen Test gemacht, welches Level für mich passend ist, habe alle bisherigen Etappen ohne Hilfe und Unterstützung geschafft und auch in der vorgesehenen Zeit, ich habe niemanden in der Gruppe ausgebremst oder belastet mit fehlenden Fähigkeiten, habe immer richtig einschätzen können, was ich mir zutrauen kann, wo meine Grenzen sind und habe trotzdem immer ein bisschen mehr gewagt und dazugelernt. Und ich habe so eine Situation durch Einzelne in einer Gruppe mit doch eigentlich dem gleichen Ziel einfach nicht erwartet. Ich dachte immer, unter fairen Sportlern gibt es das nicht. Wir sind doch nicht im Wettkampf oder in Konkurrenz. Aber auch hier bin ich wieder bei Erlebnissen und Erfahrungen und auch dies hat dann eben dazugehört und ich bin froh, dass ich es nicht stillschweigend ertragen habe und hoffe, dass andere Einsteiger-Radler oder ‘Erst-Touren-Radler’ davon profitieren werden.

So, nun geht es gleich an den heutigen Bericht, doch hier noch einige Bilder des Tages

Vinschgau in Richtung Reschensee
Apfelplantagen so weit man sehen kann im Vinschgau
Ggf. kann man die Steilheit erahnen,
Gute Laune bei schönstem Sonnenschein
Am Horizont ist Bozen erkennbar. Doch es ging noch steil bergab und dann eine Stunde entlang der Etsch