Das war es für dieses Jahr

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Liebe Freunde der Dolomiten, des Mountainbikings oder einfach nur von Ullrich,

Nun liegt der zweite Tag der Dolomiten Panorama Tour hinter uns und es war ein ganz besonderer Tag. Es sollte von St. Vigil über die Pederü Hütte zur Fanes Hütte gehen, um dann weiter in Richtung Arraba zu fahren.

Uns so fuhren wir nach umfangreichem und gutem Frühstück los. Die Sonne war irgendwann auch nochmal zu sehen, aber sowohl Herr Kachelmann als auch Bergfex hatten angekündigt, dass das nicht so bleiben sollte. Und so hörten wir uns das auch von Frank an. 60% Regenwahrscheinlichkeit. Mehrere Liter pro Quadratmeter sollte es geben und Gewitter noch dazu. Doch davon war jetzt noch nichts zu sehen. Wir sind eine Asphaltstraße über 10 km gefahren. Tendenziell ging es bergauf. Nicht stark aber doch leicht. Und so erreichten wir die Pederü Hütte nach einer Stunde.

So far, so good -wie der sprachunkundige Deutsche ggf. sagen würde. Wir nahmen noch einen Snack zu uns, denn nun sollte es hoch gehen. 800 Höhenmeter auf Schotter, der sich gewaschen hatte. Na ja, gewaschen war er nicht, aber fest wohl auch nicht. Ich kam ganz gut voran, sah meine Mitfahrer hinter mir und genoss, wie gut mein Bike lief und mein Puls sich in Normalbereichen einpendelte. Gestern hatte ich häufiger noch Puls 160. Kein Wunder bei der Höhe. Heute waren mal 140 mal 145 Schläge pro Minute zu erkennen. Und das in entsprechender Höhe und bei anspruchsvoller Leistung. Mein Körper hat sich wohl schon etwas an die Höhe gewöhnt.

Ich fuhr erst alleine, machte dann das ein oder andere Foto. Die Natur war einfach grandios. Auch wenn sich der Hinmmel bezog, die Sonne nicht mehr sichbar war, so war es doch ein Naturschauspiel. Wir fuhren eingequetscht zwischen zwei Bergmassiven immer bergauf. Nach einem Fotostopp holten mich Kalle und Mario ein. Und so fuhren wir zusammen. Mal Mario vorne, mal Kalle.

So konnte es weiter gehen. Ich genoß die Fahrt. Auch die Temperatur war sehr angenehm. Ich trug wie immer meine Bib-Shorts und ein kurzes Trikot. Ohne Funktionsunterhemd. Mein Körper produzierte genug Wärme und so frohr ich nicht. Auch wenn das Shirt klitschnass war. Auch mein Oberrohr war klitschnass.  Nass vom Schweiss und nicht vom Regen. Regen, nein, den hatten wir nicht. Noch nicht. Denn kurz vor der Farnes Hütte merkte ich einige Tropfen auf meinen Armen. Sollte uns der Regen doch noch einholen? Ich bin bis heute 25 Tage Transalp gefahren und 5 Tage so durch die Dolomiten. Bisher hatte ich eine Stunde Regen.

Diese Statistik muss Bestand haben. Ich habe bisher einfach unsagbar Glück gehabt. Oder habe ich es mir verdient? Ich weiss es nicht. Aber wie das Leben so spielt, es macht etwas anderes, als wir planen. Und so fing es -während wir noch auf den Rest der netten Gemeinschaft warteten- auch hier an zu regnen. Es wurde immer doller und guter Rat war teuer. Weiter fahren? Wir mussten noch 100 Höhenmeter erklimmen um dann noch ca. 5km durch eine Hochebene zu fahren.

Was tun? Krisengipfel an der Fanes Hütte. Die Entscheidung ist gefallen (etwas was mir richtig gut zusagt, Entscheidungen zu treffen ) und ich war froh. Wir wollen im Regen weiter fahren, weil die Wettervorhersage tendenziell noch schlechteres Wetter ankündigte. Wir wollten gerade los fahren, Potz Blitz – ach nee, ein Donner. Also musste die Entscheidung von vor 5 Minuten schon revidiert werden und wir gingen in die Hütte. Es war dort wärmer und so wollten wir das Gewitter abwarten. Ein Gewitter willst Du nicht in den Bergen haben. Schon gar nicht auf einer Hochebene.

Doch nach einem Gespräch von Mario mit dem Wirt haben wir erfahren, dass eine Schwalbe noch keinen Sommer macht und ein Donner in einem anderen Tal noch kein Gewitter. Also Abfahrt – im strömenden Regen. Dank GoreTex Regenjacke und Vaude Regenhose war ich jedoch trocken. Bis zu den Knien. Denn ich hatte die kurze Regenhose an. Es war ja auch nicht richtig kalt. Und so erklomm ich eingepackt die nächste Höhe. Bergab ging es weiter. Etwas festere Bestandteile kamen im Regen dazu und es wurde kälter. Und das war nicht die einzige negative Nachricht. Die nächste kam in Form von Donnern. Es wurden immer mehr Donner. Und so kam eine kleine Hütte gerade recht, in der wir eine nette Wandertruppe trafen, mit einem Kakao ein nettes Gespräch hatten, bevor wir wieder “Kriegsrat” abhalten mussten. Denn hier waren wir erst einmal gefangen.

Der Donner wurde weniger. Auch der Regen und so wollten wir dann doch den Weg über die Hochebene aufnehmen. Anziehen und los ging es. Ich fuhr mit Marcus voran. Es regnete immer doller. Wir fuhren bergauf, bergab. Auch durch tiefste Waserlachen, an einer Stelle sah die Hochebene aus wie ein See. Und an dieser Stelle kam er. Der helle Blitz. Wie lernt man es als Kind immer? Zählen! Ach ja, 1, 2, 3,4, Bummmm. 4* 330 Meter. Na da hatten wir ja Schwein. Da war der Blitz noch ca 1,2 km von uns entfernt.

Wir mussten eine Steigung hoch. Ein zweiter Blitz. Nicht so hell wie der erste, aber eben ein Blitz. 1,2,3, Bummmm. Oh Mann, das wird ja knapper. Einen Schutz gibt es hier nicht. Und so habe ich doch sehr großen Respekt. Keine Angst. Dafür ist keine Zeit. Denn wir fahren recht schnell, der Weg ist rutschig, Steine blockieren ihn  und es geht auch mal bergauf und bergab.

Bis wir zum Tor kommen. Nicht zum Himmelstor, sondern zum Tor, welches einen Wanderweg einleitet, den man besser mit dem Bike nicht fährt. Lutz, unser Guide aus der letzten Tour meinte auch, wer dort fährt sei verrückt. Nun, mag sein. Ich würde mir das nicht zutrauen. Niemals! Und so ging ich schnellen Schrittes den Berg herunter. Immer hinter Marcus her. Wir verließen die Hochebene. Es grummelte und donnerte noch ein paar Mal. Aber das Gewitter entfernte sich von uns.

An Fahren war hier nicht zu denken. Ich schob mehr, als dass ich fuhr. Auch im unteren Bereich! Mario holte uns ein, und auch Kalle. Wir warteten noch kurz, bevor es weiter ging.

Und da passierte es: Marcus stürzte. Wahrscheinlich an einem Holzstamm, der quer über den Weg verbaut war. Klar sollte das Geröll nicht den Weg herunter gespült werden. Und eine Stufe im Weg ist zum Wandern immer gut. Abgerissen ist die Steuerung seiner versenkbaren Sattelstütze. Sein Innenleben im Helm ist verdreht gewesen. Man, gut, dass ihm nicht mehr passiert ist.

Nun waren wir wieder alle beisammen. Marcus -der andere- fuhr und ich warnte ihn noch. Er kam jedoch kurz vor uns zum Stehen. Also hieß es sammeln, Frank und Christoph waren auch gleich zugegen und wir fuhren, gingen weiter. So auch ich.

Der Weg wurde flacher. Hier konnte man wieder fahren. In meinem Gehirn spukte noch die Frage herum, wie man hier wohl gerettet werden könnte. Mit Hubschrauber bei dem Wetter auf keinen Fall. Bei uns im Landkreis nennt man so etwas Geländerettung. Wie gut, dass ich das Konzept nicht kenne. Ist auch egal, weil wir ja keine Rettung haben wollten.

Nun, mit den Wünschen ist das manchmal so eine Sache. Sie werden erfüllt oder nicht. Denn keine 2 Minuten später -ich fuhr gerade über einen dieser nassen Baumstämme- passierte es: Mein Rad rutschte weg. Der Baumstamm war nicht senkrecht zum Weg sondern in einem Winkel von ca 75 Grad. Ich fuhr ihn aber senkrecht an. Sollte kein Problem sein. Sollte – war es aber doch. Mein Rad rutschte weg, meine Schuhe klickten aus den Pedalen aus, meine Hände griffen in den Boden, mein Kopf schlug auf einen Stein (gut, so ein Helm!!!!!) und mein Knie auf einen anderen. Waren ja genug Steine dort.

Die Schmerzen waren nicht gerade von schlechten Eltern. Ich weiss, ich bin eine Mimose. Aber es tat weh, ich konnte zuerst nicht auftreten. Ein Blick zum Knie – oh Gott! Eine tiefe Schnittwunde. Wie gut, dass wir Frank und Christoph, zwei erfahrene Retter bei uns hatten. Und Mario mit dem Verbandszeug. Mit Wasser aus der Trinkblase wurde die Wunde gereinigt, Steine ausgeschwemmt und das Knie fachmännisch verbunden. Eine Schiene wurde auch angelegt und mit Verbandspäckchen sowie Beinlingen fixiert. Warum habe ich heute meine Knieschoner im Koffer gelassen?

Da habe ich es eigentlich nicht besser verdient!!!   Und so ist es extrem ärgerlich. Dummheit wird im Leben bestraft. Doch wir waren immer noch bei der Geländerettung. Das Bein zu knicken war nicht mehr möglich. Es war ja geschient. Und wir hatten noch mindestens 500 Meter vergab auf dem Trail zu gehen. Gehen war das Einzige was möglich war. Zumindest im Trail. Also haben mit Frank und Christoph (@Frank und Christoph: Danke für Eure tolle Unterstützung) abgestützt und Mario holte die Räder. Von unten kam dann auch noch Kalle gelaufen, um uns zu helfen.

So humpelte ich den Berg herunter. Geländerettung a la Frank, Christoph, Mario, Kalle und Ullrich. Das Knie tat schon weh. Aber was soll es. Wer zu blöd zum Biken ist, sollte eher Schach spielen – oder Halma.

Wir erreichten die Hütte Campano Alpina. Von dort war auch schon die Rettung angerufen. Und so dauerte es nicht lange, bis ein Pinzgauer der Bergrettung um die Ecke bog. Eingestiegen und ab ins Krankenhaus. Das nächste war eine Privatklinik. Na, da freut sich meine Versicherung!

Die Fahrt dauerte nicht lange. In der Klinik begrüßte mich eine nette, gut aussehende Südtirolerin, ein blonder Krankenplfeger mit Rollstuhl und ein italienischer Arzt. Doch dieser sprach kein Deutsch und nur wenig Englisch. Also war ich auf die Südtirolerin angewiesen, die alles übersetzte.

Als erstes wurde die Wunde gespült und gereinigt, bevor das Röntgen anstand. Nun noch kurz eine Betäubung und schon ging es los mit dem Nähen. Tat ja gar nicht weh, war ja betäubt. Trotzdem spürte ich , wie sich die Nadel durch die Haut bohrte und meine Haut hin und her gezogen wurde. Tja, die Wunde war ja auch recht tief. 5 Stiche waren es, bis dann alles noch einmal gereinigt wurde und ebenso verbunden wurde.

Das war sie nun, meine Dolomiten Panorama Tour. Denn an Radeln ist die nächsten Wochen nicht zu denken. Nass werden darf das Knie nicht, knicken sollte man auch erst einmal vermeiden. Und so wurde ich mit Antibiotika, Schmerzmitteln, Kühlakkus dem Taxifahrer übergeben, der mich für schlappe 50 Euro nach Arraba fuhr. Und siehe da, er war Feuerwehrmann. Freiwilig wie ich. Und so hatten wir nette Gespräche, bis ich gegen 17:00 Uhr im Hotel ankam.

Das war nicht nur meine Dolomiten Panorama Tour, sondern auch meine Ehring. Denn diesen habe ich bei dem Unfall verloren. Sei es beim Handschuh ausziehen oder beim Sturz. Ich weiss es nicht. Ich bin unsagbar traurig. So etwas gibt es nicht wieder. Hat er mich doch durch Dick und Dünn begleitet.   @Claudia: tut mir wirklich leid!!!

Wie es jetzt weiter geht? Nun, das mit der Tour ist klar: Das ist mein letzter Blog. Wie ich morgen in irgendeinem Hotel sitze oder auch übermorgen, bis Frank und Christoph die Tour zu Ende gefahren haben, wird wohl niemanden mehr interessieren. Und wie geht es mit meinem Ehering weiter? Nun, das wird nicht verraten. Vielleicht heirate ich ein zweites Mal. Dann gibt es ja wieder einen. Aber da kommt nur Claudia in Frage, denn was besseres kann mir nicht passieren. Das habe ich mir so im Telefonat, als ich von meiner Dummheit berichtet habe, gemerkt.

Tja, und dem verbleibenden Rest der Truppe wünsche ich natürlich eine unfallfreie Rest-Tour. Schade eigentlich, weil ich gerne mit jedem Einzelnen noch einige Zeit verbracht hätte. Ihr seid toll und eine Truppe, wie man sie sich eigentlich nur wünschen kann.

Bye Bye und Servus aus Arraba.

Im REgen hinter der Fanes Hütte
Kurz vor meinem Sturz
Die Fanes Hochebene. Dort wo uns das Gewitter ereilte