Mein erstes Mal – Nun schon erfahren

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Am vierten Morgen war es nach einem guten Frühstück und der Ordnung meiner Ausrüstung und Kleidung nicht schwer, auch in etwas klamme Schuhe zu steigen. Mit diesen fuhren wir bei nicht unangenehmer Kälte nach S-Charl. Das sind knapp 90 Minuten Fahrt bergauf auf einer Straße. 2 Teilnehmer unserer Alpenüberquerungsgemeinschaft haben sich für den Postbus entschieden. Das war keine schlechte Entscheidung. Denn wir waren mal wieder unter Zeitdruck, da laut Wettervorhersage Ungemach drohte. Und so fuhren wir schon ein flottes Tempo. Wir, eine Dame, vier ältere Herren und ein jüngerer männlicher Teilnehmer.

Oben angekommen warteten schon zwei weitere Gruppenmitglieder auf uns. Ich war durchgeschwitzt, obwohl es recht kalt war. Mir ging es den Morgen nicht ganz so gut. Ich glaube, ich brütete eine Erkältung aus. Aber das konnte ich mir hier nicht leisten. Denn ich hatte ja meine Gruppe nach Livigno zu führen.

Die sich bestens bewährende Wetter-App Pflotsch zeigte vereinzelt starke Schauer und vor allen Dingen auch Gewitter auf unserer Route. Gegen 11 Uhr sollte es am Costainas-Pass sein. War es auch  und das nebst Graupel/Hagel. Auch wir waren kurz vor 11 Uhr am Costainas-Pass, nachdem wir den höchsten geschlossenen Arvenwaldlandschaft im Unterengadin gesehen hatten. Die bis zu 25 Meter hoch wachsenden Zirbelkiefern (Arve) wachsen hier weit über 2000 Meter.

Doch zurück zum Costainas Pass. An der Alpe Astras erkundigte ich mich noch nach der Wetterprognose. Fehlanzeige! Da war die Wetter-App doch genauer. Denn ca. 100 Meter nach der Alpe Astras fing es an zu regnen. Erst moderat, dann immer stärker. Es donnerte, grummelte ein wenig. Ich fuhr vor und war noch knapp 15 Höhenmeter unter dem Costainas Pass, als ich den ersten Blitz sah und nach 5 Sekunden den Donner hörte. Donnerwetter, das war nah. Ich sagte den folgenden Radlern, dass auf dem Pass nicht angehalten wird, sondern schnell drübergefahren wird, um nachfolgend etwas tiefer Schutz zu suchen. Ich wollte auf die etwas langsamer fahrenden Tour-Teilnehmer warten. Tat ich auch, als es ein zweites Mal blitzte und donnerte. Beim dritten Mal -es waren mittlerweile zwei Individualreisende angekommen- waren Blitz und Donner quasi synchron. Keine Sekunde mehr Zeit dazwischen. Also Fahrrad ablegen, und wie wir es gelernt haben, in eine tiefere Stelle in die Knie gehen. Der Hagel war mittlerweile recht stark. Ich spürte ihn durch meine Regenkleidung, die sich außerordentlich gut bewährt hatte. Und so dauerte es knapp 5-10 Minuten, bis wir uns wieder erlaubten, zu unseren Rädern zurück zu gehen und die Passebene zu verlassen. Dieses geschah durch Graupel/Hagelmatsch bei doch recht kühlen Temperaturen.

Neben einem Teil meiner Gruppe haben auch andere an einer Schutzhütte Schutz gesucht. Dort angekommen radelten wir sofort weiter, um auf der Alp Campatsch in einem Kuhstall trockene Sachen anzuziehen und mit Tee, Kaffee oder Kakao etwas Wärme zuzuführen. Das war auch erfolgreich. Denn nach knapp 45 Minuten waren wir wieder etwas aufgewärmt. Dabei half auch die mittlerweile auftretende Sonne. Das Val Müstair lag in tiefen schwarzen Wolken, hinter uns der Blick in Richtung Costainas-Pass war von Sonne bestrahlt und auf den Bergen sahen wir einen weißen Zuckerhut. Und so konnten wir nach einer Schiebepassage auf einem Höhen-Singletrail die Fahrt zum Ofenpass weiter verfolgen. Wir aßen dort nicht, fuhren nach einem tollen Singletrail etwas Straße, um mit dem Bus durch den Tunnel vor Livigno zu fahren.

Hier gab es erstmalig kein Eis aus der Latteria di Livigno. Dafür aus einem anderen Eisladen. Das war nicht minder schlecht. Aber nächstes Mal hoffe ich wieder auf das Eis, auf das ich mich in Livigno stets freue.

Nachdem 2/3 der Reise hinter uns lagen, war sowohl in der italienischen Wettervorhersage als auch auf der sich bisher bewährten Wetter-App Pflotsch Dauerregen angesagt. Die 5. Etappe sollte eine kurze sein. Es ging nur über den Furcola die Livigno zum Berninapass und nachfolgend über schöne Flowtrails nach Morteratsch. Eine kurze Stippvisite am sich stark zurück ziehenden Gletscher (ich war erschrocken, was er innerhalb von zwei Jahren nach meinem letzten Besuch verloren hat) und ein tolles spätes Mittagessen in der Schaukäserei schlossen sich an. Nun hörte auch der Regen auf, der am Berninapass begann und wir fuhren in unser schnuckeliges Sporthotel in Pontresina. Unbedingt zu empfehlen. Ich hatte ein tolles Zimmer mit Blick auf den Morteratsch Gletscher und das Essen war dem im Hotel Traube in Scuol fast ebenbürtig.

Eine kurze Etappe am 5. Tag , die auch etwas Entspannendes hatte, lag hinter uns. Das war auch nötig, denn am letzten Tag sollten wir noch knapp 100 km fahren müssen. Zwar viel bergab, aber immerhin 100km. Und so fuhren wir wieder etwas früher los. 08:30 Uhr war Einklicken angesagt. Ich verzichtete auf Jacke, Regenjacke und Regenhose. Man muss dem Wetter auch mal eine Chance geben (und die richtige Wetterapp richtig lesen). Zu Beginn war es etwas maikühl im Juli. Aber zunehmend wurde es wärmer. In der Sonne war es auch schon angenehm. Als wir aber hinter dem Laj du Staz und St.Moritzsee am Silvaplana-See und Silsersee im Schatten fuhren, war es doch etwas frisch. Egal. Zu häufig hatten mich in den letzten Tagen die Regenhaut der Marke Endura geschützt. Es muss doch mal Luft an die Haut.

Spätestens am Maloja Pass war mir aber warm. Wir haben eine Kette reparieren dürfen. Kein Kettenschloss für 12er Kette dabei. So entfernten wir eine Niete und ein Kettenglied und nieteten die Kette wieder zusammen. Damit ging es ins warme, sonnige Bergell. Wir fuhren den Maloja Pass hinunter. R. stürzte dieses Mal nicht und fuhr mit uns sodann auch einige Trails und Waldwege. Die Zeit wurde schon recht knapp, aber nachdem uns die spanische Individual-Truppe eingeholt hatte und wir einige Meter mit ihnen fuhren, kamen wir letztlich kurz nach 13 Uhr in Chiavenna an. Das letzte Mittagessen in schönster Sonne und entspannter Atmosphäre lag vor uns. Es sollte Pizzocheri sein. Wie liebe ich dieses typisch Veltliner Nudel-Kartoffel-Gemüsegericht. Und es hat auch Kohlehydrate. Es schmeckte göttlich in dem kleinen Restaurant auf dem kleinen Marktplatz und die ganze Gruppe erschien recht entspannt. Klar, lag das Ziel doch vor den Augen. Doch es half nichts. Wir mussten noch etwas über 20 km nach Colico radeln. Nicht mehr anspruchsvoll, dafür aber auch nicht sehr ansprechend. Und so sind wir nach einer weiteren Kettenreparatur und einem Verfahren des Guides (man, wie konnte das passieren) am Nachmittag am Strand in Colico eingeradelt.

Es ist geschafft! Es war schön! Und was ist üblich, nach so einer Tour? Richtig: Ich habe neue Erfahrungen gesammelt.