Wer meint, dass sich in der Überschrift ein Rechtschreibfehler eingeschlichen hat, der irrt gewaltig. Natürlich ist damit das Latzfonser Kreuz gemeint, zu dem wir heute gewandert sind und worüber ich berichten möchte. Doch die 2 hat eine Bedeutung, denn es ist das zweite Mal, dass mich dieser höchste Wallfahrtsort Europas angezogen hat. Das erste Mal bin ich vor 7 Jahren mit dem Mountainbike zum Schutzhaus und zur Kapelle aufgebrochen. Der Bericht „Wer zu vergesslich ist, den bestraft das Leben“ beschreibt meine damaligen Erlebnisse.
Heute ging es aber zu Fuß in Richtung Latzfonser Kreuz. Vom Startpunkt aus war die Kapelle und das Schutzhaus auf dem Bergsattel mehr zu erahnen, als genau zu sehen. Es sollten doch einige Höhenmeter zu überwinden sein. Insgesamt 700 und das auf knapp 6 Kilometern Wanderweg. Ich hatte das Ganze auch gar nicht so schlimm in Erinnerung. Bis zur Klausener Hütte war es doch seinerzeit ganz entspannt, so meinte ich mich zu erinnern. Und daher war ich dann doch etwas erschrocken, als ich nach den ersten recht flachen Metern durch einen schönen Nadelwald die steilere Steigung hoch wanderte. Gefühlt war es nämlich nur eine Steigung bis zur Klausener Hütte. Und die war nicht ganz ohne. Natürlich gab es auch flachere Strecken, aber durch die heiß auf uns herunterbrennende Sonne erschien die Anstrengung viel stärker, als seinerzeit, als ich mit dem Mountainbike im Herbst auf diesem Weg war. Es war dieses Mal so heiß, dass sich Claudia zwischenzeitlich auch an einer frischen Quelle laben musste.



Nun gut, die Klausener Hütte war schnell erreicht und nun ging es ans Eingemachte. Das wusste ich. Denn nun kam die richtige Steigung zum Wallfahrtsort. Nachdem die ersten wirklich steilen Höhenmeter bis zur Rungener Saltnerhütte auf 2001 Meter über N.N. geschafft waren, verflachte der Weg noch einmal, und wir sahen die Steigung, die nun vor uns lag. Das erste Bild der folgenden Galerie mag einen Eindruck geben. Insbesondere im linken Zehntel des Bildes ist zu erahnen, wie steil der Weg werden würde. Die nachfolgenden Bilder sollen ein Versuch sein, die Steilheit einzufangen. Es ist mir aber mit den Fotos keinesfalls gelungen. Denn Claudia hatte stark zu kämpfen und mir floss wieder der Schweiß kombiniert mit Sonnencreme in die Augen.






Es war eine anstrengende Wanderung auf knapp 2300 Meter Höhe. Wir konnten nur annähernd erahnen, was die Bittgänger, die regelmäßig zum Wallfahrtsort gingen, ertragen müssen. Und ertragen ist hier im Wortsinn zu verstehen. Denn sie tragen das schwarze Kreuz den steilen Weg hoch zur Kirche. Unbeschreiblich, welche Leistung hier vollbracht wird. Wer mehr hierzu wissen möchte, der möge hier lesen.
Nun, auch wir haben es nach knapp einer Stunde geschafft, nachdem wir am letzten Kruzifix und an der letzten von 15 Stationen des Kreuzweges vorbei gegangen sind, die Kirche und das Schutzhaus zu erreichen. Wir näherten uns der Kirche und uns schallte ein wunderschöner Gesang aus dem Gotteshaus entgegen. Drei Wanderer sangen ein Kirchenlied, welches mir zwar nicht bekannt war, aber unheimlich ergreifend war. Das war fast zu vergleichen mit den unsagbar schönen Stimmen, die ich im Jahr 2018 in Arco hören konnte. Wer nicht weiss, was ich meine, liest doch einfach mal nach. In der Kirche sahen wir dann auch das schwarze Jesuskreuz und wir genossen nachfolgend noch die Stille, bevor das obligatorische Foto am Zielpunkt unserer Wanderung geschossen wurde.



Nach einer Stärkung mit Buchweizenkuchen und Apfelstrudel ging es wieder zurück. Uns kamen 2 ältere E-Mountainbiker entgegen. Ich schrieb gestern schon „die hier nichts zu suchen hatten“. Ggf. suchten sie Fahrtechnik, denn sie waren kurz vor dem Schutzhaus mit ihren Gefährten noch nicht einmal in der Lage, anständig anzufahren. Was soll das erst bergab werden. Bergauf mag ja der Akku und der Motor helfen, die Unfähigkeit des sicheren Fahrens zu überspielen. Aber bergab half es halt nichts. Ich finde es unverantwortlich, aber das ist wohl das Zeichen der Zeit, dass sich dank E-Mobilität auf 2 Rädern mittlerweile viele Menschen in Regionen vorwagen, die es früher gar nicht geschafft hätten. Ich zählte an der Klausener Hütte von 13 Mountainbikes 10 mit Stromunterstützung und 3, die noch durch reine Muskelkraft in Bewegung gesetzt werden. Auf dem Weg bergab kam uns auch noch eine (vermutliches) Ehepaar entgegen. Ein Bio-Bike, ein E-Bike. Man tauschte schiebend die Fahrräder. Der Mann nahm das schwerere E-Bike seiner Frau und schob es den steilen Weg hinauf. Und die Frau – hatte Schwierigkeiten das leichtere Bike ihres Mannes schiebend fortzubewegen. Claudia berichtete von 3 Anläufen. Erschreckend!
Nicht minder erschreckend war die italienische Mutter, die ebenfalls mit Strom unterstützt mit ihrem schätzungsweise 3 Jahre alten Sprössling fixiert auf dem Oberrohr des E-MTB den Weg zum Latzfonser Kreuz wagte. Nicht diese Tatsache war erschreckend, sondern vielmehr, dass weder ihr Kind, noch sie einen Helm trugen. Unverantwortlich in meinen Augen angesichts der Steilheit und dem losen Schotter inkl. teils ruppiger Steine, die zu überwinden waren. Natürlich geht eine schicke Baseball-Mütze nicht so leicht kaputt, wie ein Schaumstoff-Helm, wenn man darauf fällt. Nur ist beim Schaumstoff-Helm eine Möglichkeit vorhanden, dass gefährliche Stöße vom Kopf ferngehalten werden. Bei der Baseball-Mütze jedoch ist die Wahrscheinlichkeit, ein Schädel-Hirn-Trauma davon zu tragen unlängst höher. Welche verantwortungsvolle Mutter mag sein Kind diesem Risiko aussetzen?

Letztlich ist es nicht unser Ding, aber das Unverständnis über dieses Verhalten hat doch unsere Unterhaltung für einige Minuten dominiert.
Wir waren nach knapp 4:41 Stunden wieder zurück am Ausgangspunkt unserer Wanderung und hatten 14 Kilometer sowie 698 Höhenmeter unter unsere Schuhe gebracht. Wir waren stolz auf unsere Leistung. Doch was ist diese Leistung im Vergleich zu dem, was die Bergbauern beim Heu-Machen an ihren steilen Hängen so täglich leisteten? Es ist immer noch Vergnügen. Ganz und gar nicht mit der harten Arbeit und großartigen Leistung, die wir beim Rückweg beobachten konnten.
Auf dem Rückweg säumten noch einige schöne Pflanzen den Wegesrand und diese Fotos sollen auch nicht vorenthalten werden. Die Kreuzotter, die wir noch am Wegesrand sahen, konnten wir angesichts der Geschwindigkeit mit der sich die Kreuzotter in das Gebüsch begab, leider nicht auf einem Foto festhalten.



Abschließend noch ein Foto von unserem Abstieg mit Blick auf die Dolomiten. Leider war die Sicht nicht klar und das Wolkenbild doch sehr niedrig. Aber bei klarem Wetter ist der Blick von der Plose über die Geisslergruppe, das Sellamassiv, den Schlern bis hin zum Rosengarten beeindruckend. Wir waren von der Wanderung beeindruckt, etwas ermüdet und holten uns ein wenige Erholung im Schwimmbad nach diesem doch anstrengenden Tag.


