In diesem Monat ist die Zeit gekommen, an dem ich meine Führungsaufgaben, die ich in der Feuerwehr Goslar seit knapp 20 Jahren bekleidet habe, an den Nagel hängen werde. Am 31.12.2022 ist Schluß als Zugführer in der Ortsfeuerwehr Goslar und somit auch als Brandmeister vom Dienst.
Im März 2000 übernahm ich meine erste Führungsfunktion in der Freiwilligen Feuerwehr. Ich wurde stellvertretender Gruppenführer um knapp 3 Jahre später im Februar die Gruppenführung der zweiten Gruppe in der Ortsfeuerwehr Goslar zu übernehmen. Nach 13 Jahren als Gruppenführer gab ich diese Position auf. Meine Führungsaufgaben habe ich ab 2018 als Zugführer des 2. Zuges -jetzt 3.Zuges- weiter geführt. Und ich hatte mir eigentlich als Zugführer eine längere Amtszeit gewünscht. Aber das sollte nicht sein. Denn ich habe mich entschieden, dass Ende des Jahres Schluß ist. Und ich mache diesen ganz bewussten Schritt mit einem lachenden Auge. Und natürlich gehört auch ein Auge, das mit etwas Feuchtigkeit benetzt ist, dazu. Es ist eben ein Wechelbad der Gefühle.
Warum das lachende Auge? Nun, in jahrelanger Verantwortung als Gruppenführer, später als Zugführer habe ich parallel noch Einsatz in Arbeitsgruppen gezeigt und in Themenkomplexen Verantwortung für die Kameraden und die Mitbürger der Stadt übernommen und weiterhin die Entwicklung der Feuerwehr maßgeblich voran getrieben. Das macht mich stolz und ich freue mich über das Erreichte.
Ich erinnere mich an die erste schriftlich fixierte Alarm- und Ausrückordnung unserer Ortsfeuerwehr, die erstmalig das Zugkonzept, welches heute gang und gäbe ist, berücksichtigte. Diese stammte maßgeblich aus meiner Feder. Auch die erste Standardeinsatzregel -seinerzeit zur Technischen Hilfe bei Verkehrsunfällen- trägt meine Handschrift.
Gerne erinnere ich mich an Highlights der Öffentlichkeitsarbeit, die ich initiieren konnte. So gehörten wir mit der Webseite im Jahr 2013 zu den 20 besten Webseiten in ganz Deutschland. Und hierfür konnten wir in Fulda auch einen schönen Preis der Firma Dräger in Empfang nehmen.
Später habe ich die ersten Gehversuche der Feuerwehr in den sozialen Medien gestartet. Aber auch die Publikation zum 150jährigen Jubiläum, die erstmalig neue Medien in der Berichterstattung integrierte und neben Zahlen Daten und Fakten den Mensch in den Mittelpunkt stellte, ist bei mir in guter Erinnerung uns setzte wohl Maßstäbe, die einige so nicht gewohnt waren. Zitat: “Ist ja keine Chronik”. Antwort: “Genau, das soll sie auch nicht sein, und so steht es sogar im Vorwort. Es geht hier um Menschen und nicht um Zahlen”.
Dass meine Idee des Kindergeburtstag, der etwas Geld in unsere Kasse brachte, uns überregional bekannt machte und vor allen Dingen eine Menge glücklicher Kinderaugen produziert hat, so erfolgreich war, hat mich ebenfalls sehr erfreut und stolz gemacht.
Auch die Rettungstage, die wir 2014 durchgeführt hatten, brachte unsere Feuerwehr einen großen Schritt weiter. Ich denke auch, dass auch meine Idee und Umsetzung einer überfachlichen Nachwuchsführungskräfteausbildung richtungsweisend und in deutschen Feuerwehren zu diesem Zeitpunkt einmalig war. Schade, dass wir das nicht nachhaltig gestalten konnten und so verfolgt haben.
Und dann lag mir in den letzten Jahren, weit bevor es in den Feuerwehren „en vogue“ wurde, insbesondere die Hygiene am Herzen. Es war nicht einfach. Und es gab nach dem initialen Konzept noch einiges nachzusteuern. Aber auch hier glaube ich, unserer Feuerwehr und jeder einzelnen Einsatzkraft nachhaltig mit meiner Beharrlichkeit und auch Argumentationsfähigkeit Nutzen gestiftet und für nachhaltige Gesundheit gesorgt zu haben. Und es gab sicher auch so noch unzählige Kleinigkeiten, zu denen ich meinen Input geben konnte, (mit-) gestalten durfte. Ich bin überzeugt, viele kleine Fußabdrücke hinterlassen zu haben.
Ich freue mich über genau diese Fußabdrücke. Die Abdrücke wurden maßgeblich durch unseren langjährigen Ortsbrandmeister Olaf Laue und auch den derzeitigen OrtsBM Udo Löprich unterstützt und erst ermöglicht. Mit ihnen habe ich sehr häufig über meine Vorstellungen und Ideen streiten können. Aber sie haben weitestgehend meine teils ungewöhnlichen Ideen unterstützt und mir vertraut. Aber die eigentliche Umsetzungen der Ideen waren auch nur möglich, weil ich viele Kameraden hatte, die mit mir zusammengearbeitet haben. DIe Anzahl dieser “Umsetzer” ist so groß, dass ich sie hier nicht explizit nennen kann.
Aber ich freue mich über jede einzelne Unterstützung, jedes einzelne gelungenes Projekt. Zurückblickend kann ich auf eine sehr erfüllte Zeit als Mitglied mit Führungsverantwortung in dieser meiner Ortsfeuerwehr zurückblicken. Und somit ist es hier: Das lachende Auge zu meinem Abschied. Größer könnte das Lächeln angesichts meines Resumee fast nicht sein. Dafür gebührt allen beteiligten Unterstützern der Dank.
Und das bringt mich zum weinenden Auge. Durch eine berufliche Umorientierung im Jahr 2021 habe ich zusätzliche Verantwortung bei meinem Arbeitgeber erhalten. Diese Verantwortung ist immens hoch und fordert einen großen Arbeitseinsatz. Auch international.
Nun ist es mit der Verantwortung so, dass sie auch einmal zu viel werden kann. Der berufliche Einsatz ist so hoch, dass ich meinen eigenen Ansprüchen an meine ehrenamtliche Arbeit in der eigenen Ortsfeuerwehr nicht mehr gerecht werden konnte und kann. Was noch viel wichtiger ist, ich konnte auch meiner Familie zunehmend nicht mehr gerecht werden. Und wer einen Sommer wie ich im Jahr 2022 erlebt hat, der weiss, wie wichtig die Familie ist und dass man ihr besser viel Zeit einräumen sollte. Denn gemeinsame Zeit hat auch ein Ablaufdatum.
Und es ist auch so, dass die berufliche Belastung gepaart mit dem ehrenamtlichen Einsatz und der Verantwortung bei mir eine Größenordnung erreicht hat, die ich einfach nicht mehr tragen kann und möchte. Da waren doch die ein oder anderen schlaflosen Nächte in den letzten Monaten dabei. Und so musste eine Entscheidung her. Da ich im Beruf mein Geld verdiene, ist klar, wo meine Prioritäten liegen müssen. Und wer mich kennt, wer weiß, wie viel Herzblut ich seit meinem Eintritt 1982 (mit zwischenzeitlicher Abwesenheit durch Berufsausbildung und Umzug) in die Feuerwehr gelegt habe, wird nachvollziehen können, dass mich trotz -oder gerade wegen- der oben genannten Fußabdrücke in diesen Tagen auch die Traurigkeit überkommt. Und je näher der Tag des (selbstgewählten) Abschiednehmens von einer herausragenden Funktion kommt, um so stärker prägt sich die Traurigkeit aus. Das gehört leider auch zur Wahrheit. Und so sei die ein oder andere bildliche Träne erlaubt und sicher auch verständlich.
Ich muss sagen: Es war eine schwere, wenngleich aber richtige und gute Entscheidung, dass ich nach so langer Zeit, meine Verantwortung in der Ortsfeuerwehr abgebe. Denn seit der Entscheidung sehe ich, dass sich die Last, die auf meinen Schultern liegt, nun leichter anfühlt. Und irgendwie sehne ich den 31. 12. 2022 seit meiner Entscheidung im Sommer auch herbei.
Ich bin sehr dankbar über vielfältige Erfahrungen der letzten Jahre, die ich in meiner Ortsfeuerwehr gemacht habe. Ich konnte in den letzten Jahrzehnten viel lernen. Ich habe viel von meinen beruflichen Erfahrungen in die Feuerwehr eingebracht. Nicht immer habe ich es meinen Kameraden, mit denen ich in die Diskussion gegangen bin, dabei einfach gemacht. Ja, ich kann penetrant werden, wenn ich ein Ziel verfolge, von dem ich der Meinung bin, dass es genau das richtige ist. Und das kam nicht immer gut an ?. Ich bin in Diskussionen häufig hart am Wind gesegelt. Und für Kameraden mit anderen Meinungen, war der Austausch mit mir sicher nicht immer leicht. Aber es war ja nie persönlich, sondern es ging mir immer um die Sache. Und ich habe stets mit offenem Visier gekämpft.
Ich wünsche, dass ich damit auch ein wenig Vorbild für zukünftige Generationen von Führungskräften bin. Offenheit und Ehrlichkeit kann trotz Wertschätzung und Respekt auch manchmal manchmal wehtun. Schmerzlicher ist es jedoch, wenn diese Offenheit und Ehrlichkeit nicht an den Tag gelegt wird. So wollte ich nie sein und war es auch nie.
Ich konnte dann auch einige Erfahrungen, die ich sowohl aus Einsatz, aus Ausbildungsdienst, aus Kommandositzungen und Arbeitsgruppen -halt aus meinem ganzen Feuerwehrleben- mitgenommen habe, auch sehr gut für meine berufliche Entwicklung nutzen. So ergab sich eine win-win Situation für mich und meines Erachtens auch für die Feuerwehr und meinen Arbeitgeber. Doch eines ist mir über die Jahre klar geworden: Führung in der Freiwilligen Feuerwehr mit seinen ehrenamtlichen Kameraden entscheidet sich schon markant von meiner professionellen Führungstätigkeit im Unternehmen. Es ist mir auch zunehmend schwerer gefallen, diese Unterschiede zu leben.
Situative Führung war mir nicht immer möglich. Bei zunehmender Belastung beruflicher Art habe ich mich häufig nur gehetzt um die Feuerwehrverpflichtungen kümmern können. Und dabei habe ich dann häufig auch nicht mehr realisiert, ob ich in meiner Führungstägigkeit mit beruflichen Teammitgliedern oder mit ehrenamtlichen Mitstreitern zu tun hatte. Und das hat es für mich ebenfalls zunehmend schwerer gemacht, meinen eigenen Anspruch zu erreichen. Ich werde wohl über diese o.g. win-win Situation und auch die Herausforderung der unterschiedlichen Führungsanforderungen ein Buch schreiben. Um genauer zu sein, ich habe damit schon begonnen…
Es ist sicher aufgefallen, dass ich mit diesem Blogeintrag auch so ein wenig mein Resumee ziehe. Und da gilt es auch das Folgende zu sagen: Ich habe in den Jahren in meiner Feuerwehr sicher nicht alles richtig gemacht. Wer kann das schon von sich behaupten? Ich bin dem Einen oder der Anderen sicher auch auf die Füße getreten, war nervig und ggf. manchmal auch nicht gerecht. Aber Fehler gehören nun einmal dazu, wenn man arbeitet. Wichtig ist nur, dass man die gleichen Fehler kein zweites Mal macht. Und das habe ich wohl in meiner Feuerwehrlaufbahn bisher nie gemacht.
Nun freue ich mich auf meine zukünftige Zeit als ganz normaler Feuerwehrmann. Ich muss nicht mehr immer vorne rechts im Fahrzeug sitzen. Gesundheitlich bin trotz meines Alters noch fit genug, auch noch als Angriffstrupp zu agieren oder in ähnlichem Setting meinen Dienst im Einsatz zu versehen. Vielleicht kann ich auch mal mit meinem Sohn Oskar richtig zusammenarbeiten, und auch von ihm als jüngerem Kameraden zu lernen. Das würde ein Vergnügen sein.
Die einzige Führungsaufgabe in der Feuerwehr, die ich noch wahrnehme, ist die des Kreisbereitschaftsführers, Leiter der I&K Einheit und S3 der Technischen Einsatzleitung auf Landkreisebene. Denn so ganz kann ich dann wohl doch nicht von Gestaltung und Verantwortung lassen ;-).
Ich freue mich auf eine gute Zukunft (in) meiner Feuerwehr. Ich darf auch noch bei der persönlichen Schutzausrüstung ein Wort mitreden und verabschiede mich somit nicht ganz und gar.
Ich war nie ein Freund, ewig lange auf irgendwelchen Posten zu kleben. Denn der Wechsel gehört zum Leben dazu. Er bringt neue Gedanken, Ideen und somit auch Fortschritt. letztlich wird der 31. 12. diesen Jahres für mich eine Zäsur sein. Es gibt nun andere, die viel Engagement zeigen. Sie werden es anders machen. Das muss mir nicht gefallen und wird es sicher das ein oder andere Mal nicht. Aber auch sie werden es gut machen. Eben nur anders. Und das wird ab und zu wohl auch mal weh tun. Und so könnte es sein, dass sich das auch mit einem weinenden Auge zeigen wird.
Ich hoffe, dass nachfolgende Generationen in Führungsverantwortung so uneigennützig wie ich für die Sache kämpfen. Auf Basis von Zahlen, Daten und Fakten und ganz unprätentiös immer den Menschen im Blick und nicht den eigenen Vorteil. Denn darum geht es bei Führung: Um den Menschen. Jeder hat seine Aufgabe, seine Fähigkeiten, seine Bedürfnisse und Prägungen. In unserer Gesellschaft, bei der Arbeit und auch im Ehrenamt. Ich kann dann aus der Ferne, als ganz normaler Feuerwehrmann beobachten, wie sich die Führung über die Jahre entwickelt. Ohne die oben genannte Last. Und hierüber freue ich mich sehr.
Zum Schluss noch etwas, was mich die letzten Tage dann doch sehr beschäftigt hat. Ich habe knapp 20 Jahre mehrfach im Jahr den Dienst eines Brandmeister vom Dienst (BvD) übernommen. Das bedeutet, dass das Privatleben noch stärker eingeschränkt wird, als ohnehin als freiwilliger Feuerwehrmann. Ich musste in diesen Wochen immer in Goslar bleiben, damit ich als BvD, wie alle meiner Mitstreiter, die erste Einsatzleitung im Einsatz übernehmen konnte.
Gerade am Wochenende bei schönem Wetter, an denen ich dann doch gerne in der Natur geradelt wäre oder gerne etwas mit Kindern oder Familie unternommen hätte, ist das schon belastend gewesen. Aber auch das gehört dazu. Und so finden wir hier wieder ein lachendes Auge.
Grundsätzlich hatte ich die Einsätze als BvD nicht immer mit einem Lächeln beenden können. Es gab die ein oder andere Belastung. Sehr belastend war mein allererster Einsatz als BvD. Ich habe am 02.02.2003 diesen ersten Einsatz gehabt. Einsatzort: Bäringer Straße. Einsatzart: Gebäudefeuer. Wir konnten 2 Kinder nur noch tot aus dem Gebäude bergen.
Das war ein Einsatz, den man sich als ersten Einsatz als BvD sicher nicht wünscht. Ich habe seinerzeit mit meinem Ortsbrandmeister und Freund Olaf einen sehr guten Begleiter gehabt, der auch hier schnell die Verantwortung übernahm. Und auch die seinerzeit von Olaf erstmalig durchgeführte -und damals noch nicht übliche- psychologische Einsatznachsorge hat sicher vielen Einsatzkräften geholfen. Heute ist das eher Standard.
Es gab viele Entwicklungen über die Jahre. Nun habe ich am 27. 11. 2022 also genau 7238 Tage und somit knapp 20 Jahre später meinen letzten Einsatz als BvD irgendwo in Jürgenohl gehabt. Einsatzart: Notfalltüröffnung. Und hier konnten wir einen Bewohner, der gestürzt war, sich nicht mehr aufrichten konnte und vermutlich schon längere Zeit hilflos auf dem Boden lag, durch unsere Tätigkeit retten. Das nenne ich mal -etwas Augenzwinkern mit lächelndem Auge darf und muss sein- eine positive Entwicklung, die sich in meiner Tätigkeit in den 20 Jahren ergeben hat.
In 20 Jahren lagen so häufig Freud und Leid bei Einsätzen, in denen ich die Verantwortung oder ein Teil dieser übernehmen durfte, beieinander. Und das ist normal in meinem Hobby, nicht nur als Führungskraft. Ich denke, dass gerade diese Belastung im Ehrenamt nicht vergessen werden dürfen. Gerade heute am internationalen Tag des Ehrenamtes, an dem ich nun meine Gedanken niedergeschrieben habe.
Zusammenfassend: Mein Abschied als Führungskraft in der Ortsfeuerwehr sind für mich ein Wechselbad der Gefühle. So wie meine ganze Feuerwehrlaufbahn – auch und insbesondere als Führungskraft. Aber die positiven Gefühle überwiegen dann doch in der Gesamtheit.
Somit hat dann doch das lachende Auge gewonnen. Auch wenn es bald für mich heisst “11-05-3-10 – Ende” .