Das Ziel der zweiten Etappe war Nauders. Und da die Luft in der Frühe noch angenehm frisch war, haben wir uns wieder für eine frühe Abfahrt entschieden. Um acht Uhr hieß es „einklicken“. Der Tag sollte im Übrigen wieder sehr warm -um nicht zu sagen heiß- werden. Wir fuhren (zum Leidwesen von Claudia) erstmal in wieder recht hohem Tempo. Das war möglich, weil bis Landeck der Radweg zu fahren war. Es gab häufig Schatten und das war auch gut so.
Doch als wir nach knapp einer Stunde in Landeck angekommen sind und uns hoch auf den Weg zur Fließer Platte machen wollten, war es schon wieder „angenehm“ warm. Es ging hoch zum Schloss Landeck. Vorbei ging es an einem Altersheim. Und ein Schild oben am Schloss zauberte mir doch ein Lächeln auf die Lippen. Auf dem Schild stand doch „Abgang Altersheim“. Nun, das wird wohl viele von uns ereilen, dass wir unseren Abgang von dieser Welt über ein Altersheim gehen werden. Aber dazu ist es jetzt ja noch viel zu früh. Zumindest für mich und Claudia.
Das Lächeln wich wieder dem Einsaugen von Luft. Denn der Weg hoch zum Schloss war doch recht recht steil. Nicht schlimm, es war machbar. In angenehmem Tempo mit gutem Rhythmus ging es für uns langsam und stetig aufsteigend zur Fließer Platte. Es wurde an einer Stelle -nämlich genau vor und an der Platte- doch sehr steil, steinig und auch wurzelig, so dass wir auch schoben.
Die Fließer Platte, die Teil der Via Claudia Augusta ist, wurde schon ca. 46 n. Chr. als römische Staatsstraße ausgebaut. Wir sehen hier die noch erhaltenen Überreste jener Straße, die lange nach Christus Geburt die verkehrstechnische Hauptachse der damaligen Provinz Rätien bildete.
Wenn wir sehen, vor wie viel Jahren die alten Römer diese Wege gebaut haben, auf denen sie ihre Karren über die Alpen zogen oder ziehen lassen, dann verdient das doch Hochachtung und Respekt. Schon am gestrigen Tag haben wir auf der Abfahrt vom Fernpass nach Nassereith Überreste der alten Via Claudia Augusta gesehen und auch heute sind wir an der Fließer Platte wieder über diese historischen Autobahnen gefahren. Mit unseren Mountainbikereifen dort, wo früher die Eisenreifen ihren Weg gefunden haben. Ich fand das schon sehr beeindruckend. Geschichte sozusagen er“fahrbar“.
Nach der Fließer Platte schließt sich ein schöner Höhenweg in Form eines Wiesentrails an. Es ging alternierend gerade und dann mal wieder hoch. Einige Meter herunter ließen wir das Rad laufen, bis es wieder zur nächsten Steigung kam. Diese alternierenden Wege sind für mich immer ein wenig blöd, weil ich die Gabe habe, die Geschwindigkeit, die ich auf gerader horizontaler Strecke oder auch bergab habe, auch bergauf beizubehalten. Das ist doof und anstrengend und lässt sich auch vermeiden. Durch Konzentration genau darauf, was ich nicht will. Nämlich die Geschwindigkeit auf Teufel komm raus beizubehalten. Und es gelang mir hier auch ganz gut und so hatte ich auch den ein oder anderen Blick für die Schönheit der Natur übrig.
Wir genossen noch den ein oder anderen Blick über das Inntal und machten auch noch Fotos von uns.
Weiter ging es durch Fließ runter zum Inn. Auch das ging wiederum über den schönen Wiesentrail, den ich auf meiner Garmisch-Comersee–Tour vorletzte Woche schon gefahren bin. Eigentlich ist der Trail recht flowig, wenngleich einige Stellen bei entsprechender Geschwindigkeit, die ich gerne fuhr, auch recht ruppig sein können. Ich fuhr vor Claudia in hohem Tempo, denn hier waren Fotos angesagt, die ich machen wollte.
Also rüttelte es mich trotz Federung gehörig durch. Ich bremste schnell, legte mein Fahrrad zur Seite, kniete mich hin und schoss einige Fotos von Claudia im Vorbeifahren.
Doch halt, was war das? Ich hatte einen Unfall. Warum habe ich nichts davon bemerkt? Meine Uhr meinte, einen Sturz erkannt zu haben und hat automatisch meine Notfallkontakte alarmiert. Frank, der sich angesichts des automatisierten Notrufs, der bei ihm in Deutschland auf mehreren Kanälen einging, Sorgen machte, rief mich gleich zurück. Doch das habe ich gar nicht gehört. Denn nachdem ich die Sturzmeldung in der Uhr sah, habe ich gleich die Meldung „Alles OK, brauche keine Hilfe“ ausgelöst und bin einfach weiter gefahren. Die Frage stellt sich jedoch, was hätte Frank machen können? Hätte er mich nicht erreicht, hätte er die Rettungsleitstelle Tirol angerufen? Wahrscheinlich. Doch wäre das sinnvoll gewesen? In diesem Fall wohl nicht. Denn ich habe ja nicht mehr reagiert, weil ich ja schon wieder unterwegs war und Claudia auf meinem Radl nachfuhr. Grundsätzlich könnte diese Funktion zu unnötigen Notrufen und zunehmenden Belastungen von Rettungsleistellen führen. Es sei denn der Sensor bzw. die dahinterliegenden Algorithmen werden noch optimiert. Dann ist die prinzipiell gute Technik sehr sinnvoll. Aber, der Sturzsensor ist m.E. hierzu noch optimierungsbedürftig.
Ich glaube im Übrigen, dass ich nach einem ruppigen Trail nicht adhoc schnell anhalten darf und mich gleich zum Fotografieren auf den Boden legen darf. Habe ich auch nicht mehr gemacht und es hat auch keinen unnötigen Notruf mehr gegeben. Einen nötigen zum Glück natürlich auch nicht.
Wie auch immer, wir wollten mittags in Tösens im Wilder Mann essen. Das Internet sagt, dass der Laden zu hat. Nun, wie sich am ersten Tag unserer Tour die Wetterfrösche irrten, so irrten sich jetzt auch noch die vielen Datenquellen im Internet. Denn der Laden hatte offen, als wir vorbeifuhren. Doch er war voller Radler, die ggf. den Inntalradweg von St. Moritz nach Innsbruck fuhren. Es war kein Platz im Schatten vorhanden. Und angesichts der immer noch brennenden Sonne haben wir uns entschlossen, weiter nach Pfunds zu fahren, dort im Billa einzukaufen und in der Natur im Schatten eine Brotzeit zu nehmen. Das zweite Picknick auf dieser Tour.
Kurz vor Pfunds wurden wir an einem Gartenzaun noch daran erinnert, was noch vor uns lag.
Nun, das sollte ja kein Problem mehr sein. Wir kauften also ein und machten in schöner Natur Picknick mit landestypischen Speisen. Wir waren fast allein. Nur einige wenige Ameisen begleiteten uns (wie gestern).
Ist es nicht schön, in der Natur bei dem herrlichen Ausblick zu essen? Für uns war es das. Und nach einer kurzen Pause, bei der ich auch mal meine Augen schloss, um sie nach inneren Verletzungen abzusuchen (ja, die Sonne kann es den Augen schon schwer machen und sie brennen doch irgendwann trotz Sonnenbrille), ging es weiter nach Martina, dem Grenzort in die Schweiz.
Seit Prutz sind wir nur Radweg gefahren. Und so sollte es prinzipiell auch auf Asphalt weiter gehen. Der Asphalt ließ wieder hohes Tempo zu. Das war auch nötig, denn die Temperatur wurde immer höher und so brachte die Geschwindigkeit wenigstens etwas Kühlung. Leider haben wir erst am Abend erfahren, dass der schon seit Jahren geplante Radweg abseits der Straße, die wir nun fuhren, von Altfinstermünz entlang des Inns bis Martina, eröffnet war. Mist, so sind wir halt Straße gefahren, was den Erlebnisfaktor in Grenzen hielt. Sprich, es war langweilig.
In Martina, dort wo man uns einlud, beim Holz, welches vor der Hütte lag, zuzugreifen, waren es schon 35 Grad Celsius. Es war einfach heiß. Für mich waren das mindestens 11 Grad zu viel. Und es wurde noch schlimmer. Wir mussten ja noch ungefähr 400 Höhenmeter nach Nauders hoch fahren. Prinzipiell würde ich über Schlamischott und über den schwarzen See fahren. Doch, da ich ja die Route für das Guiden abfahren wollte und den Weg über Schlamischott schon kannte, sind wir die Straße zur Norbertshöhe hochgefahren.
Mittlerweile waren es 38° Celsius, wie uns Abends die Medium Gruppe wissen ließ. Und es war wirklich kein Vergnügen auf dem Asphalt hoch zu fahren. Der Asphalt, insbesondere dort, wo er noch neu und tief schwarz war, strahlte die Hitze von unten entgegen. Von oben brannte die Sonne und mein Kopf glühte. Hätten wir uns doch für Schlamischott entschieden. Doch dann hätte ich ja im Falle des Guidens gar nicht gewusst, worauf ich meine zukünftigen Gruppen vorbereiten muss. Also hieß es jetzt „da muss er durch“, ganz so wie das Lied von Bodo Wartke…
Die Luft schien zu stehen, 11 Kehren haben wir zu fahren. Ich war ehrlich ausgelaugt. Hatte ich genug getrunken? Ich hoffe doch, aber die Temperatur war doch stärker.
Warum nun der Titel dieses Blogeintrags? Die Norbertshöhe bzw. Passstraße dort hin ist eigentlich keine große Herausforderung. Ich finde jedoch, die Norbertshöhe ist ein Arschloch, weil es sich an diesem Tag auch hinterhältig mit der Sonne und dem Wetter verbunden hat. Die Auffahrt ist prinzipiell Kikifatz. Die Temperatur war jedoch zu hoch und die Sonne und vom Boden sowie reflektierte Hitze war dann doch zu viel des Guten für mich. Wer mich kennt, weiss, dass ich mit Hitze nicht sehr gut umgehen kann. Diese Hitze hier war nicht grenzwertig, sie war zu viel des Guten! Mein Kopf war kochend heiss. Die Luft war irgendwie draußen und ich fühlte mich nicht gut, wie die nächsten zwei Fotos wohl auch gut zeigen. Warum mache ich das nur?
Im Übrigen war auch die Luft aus der Trinkblase draussen. Dort war fast nichts mehr drin. Die Norbertshöhe kam näher. Nur noch eine Kehre und ich freute mich auf ein kühles kohlensäurehaltiges Getränk im dortigen Restaurant und die Aussicht darauf verlieh mir Flügel auch ohne Red Bull.
Doch was sah ich dort? Da steht doch ein Schild auf dem sinngemäß steht „Nur für Hotelgäste, nix für Radler“.
Ich kenne die Gründe nicht. Wahrscheinlich -wie so häufig- Personalmangel. Aber ich finde das in den Alpen peinlich und habe so etwas auch noch nicht gesehen. Selbst Rennradfahrer, die um Wasser baten, weil ihnen die Flüssigkeit ausgegangen ist, wurden nach ihren Worten abgewiesen und haben noch nicht mal einen Tropfen aus dem Gartenschlauch erhalten. Sie hatten nach eigener Aussage seit einer Stunde kein Wasser mehr. Da wird es dann bei den Temperaturen gefährlich. Ich sage ja, die „Norbertshöhe ist ein Arschloch“. Natürlich beziehe ich das nur auf die Höhe und nicht auf den Besitzer des dortigen Hotels. Denn dazu will ich nichts weiterschreiben und mache mir so meine Gedanken, denn soziales Verhalten, was wir mit der Muttermilch aufsaugen sollten, sieht für mich anders aus.
Konsequenz: Mich sehen die nicht wieder. Ich musste da hoch um die Strecke kennen zu lernen, aber mit Gruppen werde ich auf jeden Fall über Schlamischott fahren.
Noch ein schönes Foto und nachfolgend hat der Tag noch einen versöhnlichen Abschluss genommen.
Wir sind im schönen Hotel Zur Post in Nauders angekommen, überaus freundlich und kundenorientiert empfangen worden. Ganz anders als an der Norbersthöhe – ach lassen wir das.…
In der Summe waren es heute 70 km, also nicht übermäßig viel, sowie 1300 Höhenmeter, die ohne die Hitze auch eher ein Kindergeburtstag gewesen wären. Aber heute war die Hitze eben neben der Norbertshöhe – ach, ich schrieb das schon.
Im Übrigen habe ich heute knapp 8 Liter Flüssigkeit zu mir genommen. Inklusiv der kühlen, erfrischenden Cola aus Tirol aus dem M-Preis in Nauders.
Das ist Rekord. Und so bin ich trotz der Enttäuschung über das Arschloch (und ich bitte, die Ausdrucksweise hier zu entschuldigen) auch an diesem Tag glücklich und zufrieden, wenngleich auch etwas müde.
Und abschließen will ich den Tag mit einem großen Dank an Claudia. Die Auffahrt zur nun vielbeschriebenen Norbertshöhe, die ja landschaftlich auch nicht gerade ein Highlight ist und mit der Eintönigkeit neben den unsagbaren Temperaturen zu einer gewissen Frustration geführt hat , ist durch die Motivation durch Claudia ein wenig erträglicher geworden.