Nachdem es das Wetter am zweiten Tag unserer Transalp nicht gut mit uns meinte, so zeigte es sich auch am dritten Tag von seiner besten Seite. Das Wetter war gnädig mit uns und hat uns zu Beginn vor Sonneneinstrahlung geschont. Man nennt das Schutz vor Hautkrebs und auch Sonnenstich. Es half aber auch, damit die Beine der Radfahrer und auch Radfahrerin dieser Tour nicht so starke Farbunterschiede haben, wie wir das auf diesem Bild sehen. Denn das ist ja nicht schön.
Das gute Wetter begann in der vorherigen Nacht. Diese war durch starke Regenfälle und Gewitter gekennzeichnet. Wetterwarnungen haben wir am Abend vorher auch gesehen. Wie garstig zu warnen, wo das Wetter doch endlich mal erträgliche Temperaturen bringen sollte. Die Warnungen waren großflächig angelegt, da mit starken Winden und Regenfällen eben nicht nur in den Bereichen Vorarlberg, Süddeutschland und Nordtirol zu rechnen sei. Nein, auch Südtirol sollte am dritten Tag unserer Tour, also genau zu dem Zeitpunkt zu dem wir in Südtirol einradelten, von Nässe und Wind heimgesucht werden.
Schon vor der Reise sagte Claudia zu mir “Wenn es morgens regnet, dann fahr ich nicht los”. Nun, die Stimmung war am Morgen recht gut, denn um sechs Uhr war es nach durchregneter Nacht wieder trocken. Die Zeichen standen auf losradeln. Na, da hatten wohl die Wetterfrösche mal wieder nicht die richtigen Modelle interpretiert, oder? So war wohl Claudias Hoffnung. Doch weit gefehlt. Pünktlich um sieben Uhr begann es während des Frühstücks zu regnen. Nein, es schüttete wie aus Kübeln und der Himmel sah dunkel und trostlos aus.
So beschlossen wir erst um 08:30 Uhr loszufahren, da der Regen sowieso erst im Laufe des Vormittags nachlassen sollte. Claudia machte ihre Warnung nicht wahr, sondern trat von Anfang an tapfer in die Pedale. Kein Murren und kein Zicken. Sie fuhr einfach mit. Und so fuhren wir gut eingepackt in unseren Regenklamotten nicht gerade hoch motiviert los. Aber irgendwie gehört es ja auch zur Alpentour dazu und etwa Abwecheslung ist ja auch schön.
An der Burg Nauders ging es etwas bergauf, wir überholten noch drei Skater, die sich durch den strömenden Regen kämpften und wurden auch recht schnell von zwei (E)-Bikerinnen überholt. Wir waren danach weit und breit die einzigen Deppen, die bei diesem Wetter den Weg durch den Regen wagten. Die ersten Pfützen umfuhr ich noch. Die Füße sollten nicht ganz nass werden. Später war mir das dann auch egal. Die Regenklamotten aus Schottland -die Schotten müssen es wissen oder zumindest gute Regenkleidung produzieren können, da es dort bekanntermaßen häufiger regnet- erwies sich einmal mehr als gut. Aber auch in ihr war ich schnell nass. Entweder weil der Regen oben hinein lief oder ich einfach so schwitzte. Auch die Füße waren trotz Neopren Gamaschen dann doch recht schnell feucht bzw. richtig nass. Man könnte sagen „scheiss Klickies“ mit seinen Feuchtigkeitsbrücken.
Wir fuhren nun also in diesem Wetter zunehmend nasser werdend in Richtung Reschensee. Und als wir dort angekommen waren, war ich dann doch einigermaßen geschockt. Das Wasser, was von oben kam, war auch dringend nötig, so meine Interpretation. Denn ich habe den Reschensee noch nie so leer gesehen. Und ich bin schon einige Male dort gewesen. Was uns jedoch stutzig machte, waren die planierten Bereiche, die nun nicht mehr im Wasser, sondern trocken am Ufer zu sehen waren.
Eine Recherche hat hier schnell für Aufklärung gesorgt: Die Reschenseestraße wird 50 Meter in Richtung Reschensee verlegt. Denn auf der derzeitigen Straße kommt es immer wieder zu Felsrutschen. So im Übrigen auch nach unserer Durchfahrt, als die Straße zwischen Graun und St. Valentin auf der Heide einen ganzen Tag gesperrt blieb. Ob also das Niedrigwasser den Bauarbeiten, oder zu wenig Niederschlag geschuldet ist, weiss ich nicht. Der Niederschlag heute hätte den See sicher um einige cm gefüllt. Wir machten am bekannten Kirchturm in Graun noch zwei Fotos und weiter ging es.
Es goss weiterhin am See, also machen wir weiterhin Tempo, um aus dem Wetter heraus zu kommen. Im Nachhinein hatten wir irgendwie das Gefühl, mit dem Regen/Wetter gefahren zu sein. Aber irgendwann war auch das vorbei. So gegen 11 Uhr hörte es auf zu regnen und wir fuhren weiter entlang der Etsch, deren Quelle wir bei Graun links liegen ließen, in Richtung Meran. Und zwar auf dem bekannten Radweg. Nein, das ist kein Mountainbike Abenteuer gewesen. Da kenne ich andere Wege, die in den Alpen spannender und eben einem Mountainbike würdig sind. Dieser Weg war eher langweilig, da er eben nur aus dem Radweg bestand. OK, wir haben zwei Blicke auf den Ortler werfen dürfen, der sich uns in Wolkenlücken kurz zeigte.
Aber die schönen Orte auf der Tour, nämlich der Plamort und auch Waalweg bei Morter wurde von uns angesichts schlechter Fernsicht und schlechtem Wetter ausgelassen.
Nach Regen kommt die Sonne, und so war es auch heute. Irgendwann verschwanden die Wolken zunehmend und der ein oder andere blaue Himmelsbereich kam heraus. Und mit dann auch die Sonne. Es wurde zunehmend wärmer.
Unangenehm dabei war es, dass die Luft auch stickiger und schwüler wurde. Egal, es geht ja tendenziell bergab und das sollte keine Anstrengung sein. Doch unser Tempo wurde immer höher und die Durchschnittsgeschwindigkeit lag bei knapp 20km/h. Das wurde dann zunehmend anstrengender und wir kamen auch ins Schwitzen. Und zwar in der zweiten Hälfte er Etappe, denn wir sind knapp 2,5 Stunden durch den Regen gefahren. Also ca. die Hälfte der knapp 93 km an diesem Tage
Ein wenig Abwechselung bildeten die kleinen Örtchen wie Glurns, Burgeis, Laas (ja, die mit dem Marmor, der für Hochhäuser bis nach New York verschifft wird). Und letztlich war da auch noch die Etsch. Ich berichtete schon, es hat schon die Nacht geschüttet. Tja, und wenn das in vielen Tälern passiert, dann kommt halt auch eine Menge Wasser zusammen, welches in die Etsch fließt. Braun war die Brühe, die mit einer sagenhaften Geschwindigkeit neben uns her floss. Die Lautstärke war mehr als rauschend. Unter der einen Brücke hatte es den Eindruck, dass die dicken Baumstämme, die wie Mikadostäbe durch das Wasser tanzten, ständig irgendwo gegen knallten. Und dann war auch noch das Geräusch von stetig aneinander schlagenden Steinen. Und ich meine damit nicht Steinchen. Es war schon ein Geräusch, dass nur von richtig großen Brocken erzeugt werden konnte. Die Naturgewalt, die sich dort zeigte, war einfach stark. Und wir als Menschen? Wir wirkten klein dagegen. Wir hätten keine Chance, sollte uns das Wasser mitreißen. Und wir hätten das auch gar nicht gewollt. Denn es hat wirklich eklig gerochen. So wie Schlick an der See. Aber es war trotzdem beeindruckend. Leider geben die Fotos unsere Eindrücke nicht annähernd wieder. Trotzdem teile ich sie hier.
Wir rollten immer näher an Meran heran und als Mittag angesagt war, fanden wir ein trockenes Plätzen in einer kleinen Pizzeria in Latsch. Hier hieß es, Sachen trocknen, Kräfte tanken, schmackhafte Nudeln essen und es ging nach 45 Minuten weiter der Etsch folgend.
Wir ließen links noch eine Burg liegen, passierten eiserne Radfahrer und waren nun mittlerweile der Sonneneinstrahlung angepasst auch kurzärmlig unterwegs. Die letzten Wolken zogen über die Berge ab.
Vor Meran nutzten wir noch die beiden Aussichtsstühle in Algund, die wir durch einen schönen grünen Torbogen erreichten. Hier hatten wir einen schönen Überblick auf die Kurstadt.
Auch Meran war beeindruckend. Nicht so sehr im positiven Sinn. Wir kommen weitestgehend aus der Natur. Gerade wegen des schlechten Wetters war auch wenig Verkehr auf dem Radweg und wir sahen somit wenig Leute. Meran hingegen war ein Kulturschock. Denn nachdem wir die Radtouren auch machen, um alleine die Natur zu genießen (was heute auf dem Radweg schon schwierig genug war), waren wir dagegen beim nachmittäglichen Spaziergang (wir waren 14:30 Uhr in Meran) durch die „Metropole“ des Vinschgaus von fast unerträglich vielen Menschen umgeben. Nun gut, wir gehören ja auch dazu, somit gibt es nichts zu beschweren. Aber irgendwie war es unangenehm. Es war mittlerweile wieder sehr heiß, ja richtig schwül. Und so habe ich das Bummeln durch die Stadt weniger genossen. Der schlechte Service in zwei Cafés (einmal wurden wir gar nicht bedient und standen somit wieder auf) tat das seinige zum negativen Erlebnis bei. Lediglich das Abendessen im Römerkeller in den Lauben, bei dem wir nicht nur gute Speisen, sondern auch sehr zuvorkommende Servicekräfte erlebten, glich den Nachmittag in Meran wieder aus. Es ist irgendwie nicht mein Ding auf so einer Mountainbiketour.