Ullrich:
Der vorletzte Tag auf dem Mountainbike in den Alpen begann mit einem tollen Sonnenaufgang. Das Vinschgau, auf das wir herab sehen konnten, war von oranger/roter Farbe beleuchtet und der Ortler schien in schönem Rosa. Es war der Blick aus der Sesvenna Hütte, als ich um halb sieben aus der Tür sah, der einfach beruhigend und schön war. Frühstück sollte es bis 08:00 Uhr geben, und wir wollten uns so zum Frühstück um 07:00 Uhr treffen. Ich war früher wach und hatte unruhig geschlafen. Denn an diesem Tag wollten wir zurück ins Inntal, um nach Serfaus zu radeln.
Zwischen der Sesvenna Hütte und dem Inntal liegt jedoch die Uina Schlucht. Ein Weg, der in den Felsen gehauen wurde, um den Weg vom Unterengadin ins Vinschgau zu ermöglichen. Die Uina Schlucht ist recht tief und auf dem Weg gibt es manchmal auch an steilen Abhängen keine Geländer. Das Fahrrad Fahren ist sowieso verboten, man darf sein Bike nur schieben oder stoßen, wie der Schweizer sagt.
Und wir fuhren die ersten Hundert Höhenmeter kurz vor 08:00 Uhr hinauf, um die Uina Schlucht in kürzester Zeit zu erreichen. Wir schoben alsbald Fahrräder. Wer mich kennt, weiss um meine Höhenangst. Ich hatte sie schon im Sommer bei einer Wandertour auf die Zugspitze über das Gatterl ein wenig beherrschen zu versucht. Und auch auf der Alpspitze bei Garmisch. Aber einmal Höhenangst, immer Höhenangst. Und so hatte ich bannig Respekt, wenn nicht gar Angst, diese Schlucht zu durchqueren. Aber, mir war nicht mal so richtig mulmig – trotz Höhenangst. Ich konzentrierte ich auf den Weg und schöne Aussicht. Und als ich nach knapp zwanzig Inuten und zweihundertfünfzig Höhenmetern aus der Schlucht draußen war, war ich überwältigt und gleichzeitig stolz. Richtig Angst hatte ich keine und ich konnte die Ausblicke und meine Zeit in diesem Bauwerk mehr als erwartet genießen.
Holger machte noch schnell das obligatorische Tagesfoto und es folgte ein toller Trail. Rein ins Inntal mit hoher Geschwindigkeit und dem Stolz ohne große Mühen die Höhenangst in der Schlucht besiegt zu haben!
Kurze Zeit später im Inntal machten wir den ersten Anastieg über 500 Höhenmeter um den Unterengadiner Höhenweg von Ramosch nach Tschlin zu fahren. Tolle Trails brachten uns zurück ins Inntal, wo wir noch kurz zu Mittag aßen. Das mussten wir auch, da wir nun wiederum eine Steigung zu bewältigen hatten. Dieses Mal weitere 500 Höhenmeter nach Serfaus. Und das war kein Zuckerschlecken. Die ersten 30 Minuten ging es richtig steil nach oben. Ich hatt schon fast keine Kraft. Von Luft ganz zu schweigen. Unser Guide Holger, der wirklich top ist, sagte nur, dass es halt eine GoWild Tour ist. Und damit hat sich das Meckern und der Frust erledigt. Es ist das Schwierigste, was Ulptours im Programm hat. Und da muss man nun durch.
Nun ich bin da auch durch und habe Serfaus dann auch sehr glücklich, wenn auch kaputt, erreicht. Doch mir stellt sich die Frage, ob GoWild das Richtige für mich war. Sicher, es hat bis zum heutigen Tag sehr viel Spaß gemacht. Aber es war mega anstrengend. Die Lockerheit, der Medium Tour im letzten Jahr ist weit entfernt. Genuss des Fahrens ist etwas anderes. Es ist halt sehr viel Kämpfen, so das zum Genuß der Natur für mich manchmal zu wenig Zeit ausserhalb der regelmäßigen Pausen bleibt. Aber ich habe das gebucht und mache das Beste draus. Auch wenn ich mehrfach am Ende meiner Kräfte war, sozusagen über meine Grenzen hinaus gegangen bin, so hat es doch sehr viel Spaß gemacht. Auch an diesem Tag! Danke nochmal Holger.
Doch mit der Ankunft in Serfaus nicht genug. Wir fuhren noch mit der Seilbahn bis zur Bergstation, um den Frommstrail zu fahren. Das ein Trail, der Spitzenklasse. ein grandioser Überblick über die Alpen. Von den lLechtalern über das Paznauntal, das Wettersteingebirge, die Miemigner Kette, das Kaunatal. Bis hin zum Inntal. Das konnten wir alles bei grandioser Weitsicht sehen. Der Trail hatte es in sich. Es war sehr anstrengend, da wir ja mittlerweile knapp siebzig Kilometer hinter uns hatten und mehrere Hundert Höhenmeter. Aber auch diesen meisterte ich. Wenn auch wieder etwas langsam als die anderen. Der Lohn: eine Brause für mich und ein Radler und Biert für die anderen Teilnehmer. So haben wir vor dem Abendessen den Tag in einer schönen Almwiese zwischen Serfaus und Fiss ausklingen lassen.
Nach dem Abendbrot noch einen Gang über das Dorffest, bei dem wahrscheinlich mehr Menschen auf den Beinen waren, als Sonnabend früh am Stachus in München, gingen Frank und ich zurück ins Hotel um uns auszuruhen. Aber eine Beobachtung konnte ich machen, die ich mir nicht erklären kann. Die Musik auf dem Fest war schön, das Wetter war gut, nur warum haben so wenig Urlauber freudige und zufriedene Gesichtsausdrücke gehabt? Ich kann mir das einfach nicht erklären. Ich wäre dankbar und bin es auch, eine zeit meines Urlaubs in den Alpen zu verbringen. Und ich bin dankbar, dass ich eine so super Mountainbike-Tour gesund überstanden habe.
Aber auch hier ist jeder seines Glückes Schmied und mir fällt ein Satz ein, den Holger beim Frühstück in Nauders vorlas: “Die Lebensspanne ist dieselbe, ob man sie lachend oder weinend verbringt.” Google sagt, das sei von Konfuzius. Von wem das auch immer ist: Recht hat derjenige, der sich diese Weisheit ausgedacht hat. Und ich genieße lieber die Lebensspanne lachend. So wie jeden Tag auf dieser Transalp. Auch trotz der Anstrengungen und Strapazen. Weil ich stolz und glücklich bin, dieses Abenteuer trotz seiner Grenzen erleben zu können.
Servus für heute,
Ullrich
Frank:
Die Uina Schlucht, die Engadiner Höhenwege, der Frommes Trail
Spannung, etwas Skepsis vor dem was an der Uina Schlucht kommt und das Wissen wieder einen konditionell anspruchsvollen Tag vor mir zu haben, ließen mir so einige Gedanken durch den Kopf schießen. Das Frühstück schmeckte, wenngleich ich nicht ganz so viel Appetit wie sonst hatte. So wie die Hüttenwirte war auch das Frühstück – schnörkelos, praktisch, auf das wesentliche und wichtige konzentriert – gut.
Spektakuläre Schlucht
Um 8:00 Uhr ging es wieder los – ich fands gut, dadurch war in der Uina Schlucht noch nicht soviel Verkehr zu erwarten. Zunächst wenige Meter bergauf, vorbei an einem kleinen Bergsee, an Kuhherden und über eine Hochebene kamen wir der Schlucht auf einem schön fahrbaren Trail näher. Das Tal verengte sich so stark, dass man fast vermutet, dass es endet. Ein Warnschild wies darauf hin, dass der Weg ab diesem Ort nicht mehr befahrbar, sondern nur noch schiebbar sei. Und dann tat sich die Schlucht auf – in Felsen gehauen verläuft großteils ohne Geländer (nur mit Seilsicherung im Felsen) der Pfad in teilweise über 100m Höhe durch den Fels. Das Bike fest gepackt, jeden Schritt abwiegend und hochkonzentriert gingen wir den Weg entlang. Auch wenn ich natürlich vorsichtig war und auch durchaus skeptisch ist dieser Weg ein Erlebnis, dass ich auch wiederholen würde. Es war spannend diese Höhe und diese Kulisse in Natura zu sehen.
Ca. 20 bis 30 Minuten brauchten wir zum Passieren der Schlucht. Über gutausgebaute Wanderwege und Trails ging es entlang des Bachs durch eine weitere Schlucht ins Tal nach Sur En. An einigen Stellen mussten wir große Murenabgänge passieren, die wenige Wochen zuvor den Wanderweg verschüttet hatten.
Höhenwege und die Fischerhütte
Kaum hatten wir das Tal (Inntal) erreicht ging es in Ramosch auf der anderen Seite wieder bergauf. Wasser auffüllen im Dorfbrunnen und dann über Wiesenwege auf die Unterengadiner Panoramawege. Sehr schöne Bergwiesen und ein toller Blick ins Tal – der Name der Wege passt. Leider musste sich dieser kurze und schöne Trail aber auch art erkämpft werden – 300hm die mir aufgrund der Wochenleistung schon schwer zu schaffen machten. Aber auch das wurde durchgezogen, wie auch viele weitere Meter. Die Trails – teilweise mit Kletterei verbunden waren den Abstecher wert. Nachdem wir zurück ins Tal gefahren waren ging es zunächst auf der Straße, später auf Wanderwegen und Trails entlang des Inns bis zur Finstermünzbrücke. Diese alte Zollbrücke ist ein sehenswertes altes Zollgebäude über dem Inn. Ein wenig weiter kehrten wir in der Fischerhütte ein – ein kleines aber gemütliches Blockhaus an einem Fischteich am Inn. Hirtennudeln, Spätzle, Apfelstrudel und leckere Getränke hoben die Moral bei allen.
Pünktlich zur Seilbahn
Um ca. 14:00Uhr ging es weiter mit der Ansage bis um 16:00 Uhr an der Seilbahn in Fiss sein zu müssen. Über Pfunds (wo Franziska, die Freundin Holgers mit dem Bike wartete) ging es durchs Inntal bis Tschupbach, wo wir steil den Berg in Richtung Sefaus hinauffuhren. Erneut 300 hart erkämpfte Meter gingen in die Beine und zulasten meiner Kondition. Wir schafften Serfaus knapp vor 16:00Uhr und erreichten die Seilbahn in Fiss rechtzeitig.
Warum Seilbahn? Wir wollten noch den ursprünglich für den nächsten Tag geplanten Frommestrail fahren. Ein Highlight – wie sich dann auch herausstellte. In der Seilbahn ging es dann hoch bis auf die Bergstation Schönjoch auf 2450m. Vom Schönjoch aus hat man einen fast 360° Rundumblick auf die Alpen. Von hier aus beginnt auch einer der schönsten längsten Trails der Alpen. Der Frommestrail ist ein Flowtrail mit Anfangs sanften, aber steigen Passagen, dann Anliegern und kleinen Sprüngen und später technischen Elementen im Wald. Diesen Spaß ließen wir uns nicht entgehen, auch wenn meine Bremsen irgendwann laut quietschend ihr Missfallen ausdrückten. Das Abschlussbierchen (Radler) gönnten wir uns heute in einer Wiese, nachdem wir zuvor im M-Preis einen 12 Pack eingekauft hatten.
Das Hotel war sehr exklusiv und gastfreundlich. Das Duschbad im Hotelzimmer auch besonders willkommen nach zwei Hüttennächte. Am Abend trafen wir uns zum Besuch einer Pizzeria und des Dorffestes. Eine leckere Pizza mit Schinken, Pfifferlingen und weiteren Zutaten, sowie ein Salat vom Buffet war mein Abendgericht. Eine halbe Stunde nach dem Essen fing dann ein Grummeln im Bauch an, dass mit zahlreichen Toilettenbesuchen endete.