Und täglich grüßt das Murmeltier, so begann der heutige Tag, an dem ich die Sella Runde fahren wollte und das dann auch gemacht habe.
Aufstehen recht früh, weil wir -ja, das ist heute anders- um 08:30 loslegen wollten” Wir heißt in diesem Zusammenhang weitere Hotelgäste aus dem Bike Hotel, ein Guide und ich. Eigentlich mehrere Guides, weil es mehrere Gruppen unterschiedlichen fahrtechnischen Niveaus waren.
Aber welches Murmeltier grüßte mich denn nach dem Aufstehen? Nun, es waren mehrere, die sich im Alter von 27 Jahren in meinen Körper eingenistet haben. Diese blöden Herpes Viren lassen meine Lippen ab und zu nach starker Sonneneinstrahlung in Bläschen verwandeln. Gemerkt und sofort mit dem entsprechenden Pflaster den Kampf aufgenommen. Aber der Kampf ist prinzipiell aussichtslos. Ich hätte ggf. weiter Zinktabletten, wie vor meiner Transalp nehmen sollen. Aber sei es drum, wer nicht hören will, muss fühlen.
Also ging es mit meinem Fahrrad, mehreren Mitstreitern und meinen Lippenbläschen los auf eine Tour, die mehrere Tausen Tiefenmeter, also bergab Fahren bedeuteten. Und bei der ich 500 Höhenmeter bergauf strampeln durfte. Für den Rest nahmen wir Seilbahnen und Sessellifte. Das ist ja das, was unserem Sohn Felix so gefällt. Und ich finde es eigentlich nicht so toll. Ist ja nicht anstrengend! So sage ich es Felix immer wieder, ob er es hören will, oder nicht. Und in der Hoffnung, dass er das jetzt hier nicht liest, weil ich sonst selber meine väterliche Autorität untergraben habe, muss ich dann doch sagen, dass es einen gewissen Reiz hatte und trotz Aufstiegshilfen recht anstrengend war. Denn bergab fährt man mit dem Mountainbike im Stehen. Und da merkt man dann, welche Muskeln die letzten Tage, Monate, Jahre dann doch unterentwickelt wurden.
Es ging im Uhrzeigersinn herum um den Sellastock. Erst fuhren wir hoch zum Grödnerjoch. Was folgte war ein Flowtrail, der künstlich angelegt war, aber sehr viel Freude bereitet hat. Ich kam mit meinem Fahrrad immer besser voran und selbst in ruppigenTeilstücken, die natürlichen Ursprungs waren, ließ ich mein Rad machen, was es wollte und konnte so die Fahrt genießen.
In Corvara angekommen nahmen wir die zweite Seilbahn. Ich mit einem netten Belgier, der seinem Sohn den Urlaub zum Hochschulabschluss geschenkt hatte, und den ich angesichts seines Mutes bewunderte. Ohne richtiges Mountainbiketraining in den Bergen ist das schon eine Herausforderung. Ggf. sogar etwas leichtsinnig und zu unbedarft. Aber er und sein Sohn haben diese Tour bestens hinter sich gebracht.
Die Sonne schien von oben (von wo auch sonst?), es war nicht mehr kalt, und die Jacke nun im Rucksack. Oben angekommen fuhren 3 Mitstreiter einen Schotterweg herunter und 4 inklusive meiner Person einen Wurzeltrail. Der war auch nicht schlimm, bis auf eine Stelle, wo ich fast einen Herzinfakrt angesichts der Ausgewaschenheit und der Steilheit erhalten habe. So schob ich fünf Meter und weiter ging es. Es sei noch erwähnt, dass ich den Trail zu schnell angefahren bin. Und nur durch meine exorbitant grandiose Köperbeherrschung (andere mögen das Glück nennen) konnte ich zu Beginn einen Sturz vermeiden. Will man ja nicht haben…
Nach dem Sessellift, den wir erreichten, mussten wir nun etwas für unsere Beine tun. Es hieß einige Meter bergauf zu fahren. Rechts vor uns die Marmolada, links der Heilig Kreuz Kofel und rechtsseitig die Sella Gruppe. Ein Bild, was man gesehen haben muss. Und so waren auch viele Wandeer unterwegs. In trauter Einigkeit mit uns Bikern. Viele Italiener, die viel entspannter sind als wir störrischen Deutschen. Denn es geht sehr gut, Wanderer und Mountainbikefahrer zusammen auf einem Weg. Man muss einfach nur Rücksicht nehmen. Beide Seiten! Es geht auch ohne Wegsperrungen. Und da können sich die Deutschen Behörden, sei es im Schwarzwald oder auch im Nationalpark Harz eine Scheibe von abschneiden.
Und es waren auf diesem Weg von der Seilbahn zur Almwirtschaft viele Wanderer unterwegs. Auch Andreas, ein Kollege der Konzernsicherheit. Ich glaubte es nicht. Ich fahre eintausend Kilometer von zu Hause weg, um Fahrrad zu fahren und sehe den Kollegen, mit dem ich in meiner alten Tätigkeit so häufig zusammen arbeitete. So klein ist doch die Welt. Nach kurzem Pläuschchen mit ihm uns seiner Frau musste ich los, die Gruppe war schon weiter voran gefahren und ich musste richtig Gas geben, sie einzuholen. Aber auch das gelang mir auf dem schönen Weg, der hoch, dann runter, dann wieder hoch und nochmal hoch ging. Der Weg führte uns zur Ütia Pralongia.
Nun folgten geschmeidige Trails, die sich sehr flüssig fahren ließen, manchmal einige Steine, nichts Schlimmes. Wir errichten den Lift Campologno, der uns wiederum einige Höhenmeter berauf brachte und fuhren dann feinsten Singletrail nach Arraba. Wir querten die Hauptstraße in da sah ich es, das kleine Cafe, Restaurant in dem ich mal vor Urzeiten mit meiner Schwester Sabine gegessen hatte. Das war an dem Tag, als sie angesichts von knappem Kraftstoff Abends im Dunkeln fast die Nerven verloren hätte. Überhaupt gab es einige Erinnerungen auf dieser Tour. Denn auch mit meinen Freund Frank Hermanns war ich schon mal hier. Mit Rennrad und Mountainbike. So machten wir vor ich glaube 26 Jahren unsere gemeinsame Sellarunde. Allerdings gegen den Uhrzeigersinn und dann ach auf der Staße über Grödnerjoch, Sellapass, Passo Pordoi und Campologno Pass.
Aber weiter mit dem heutigen Tag. Es war mal wieder Zeit, eine Seilbahn zu nehmen. Es ging auf zur Porta Vescovo. Als wir die Gondel, die im Übeigen keine Umlaufgondel war, sondern parallel mit einer zweiten Gondel den Berg hoch fuhr, verließen haute mich der Anblick um. Wir standen direkt gegenüber der Marmolada. Die höchste Erhebung in den Dolomiten. Es war schattig. Und das nicht nur wegen der Temperatur auf über 2500 Metern, sondern auch dadurch, dass die Sonne mittlerweile von Wolken verdeckt war.
So fuhren wir im Schatten eine Schotterstrecke bergab, die im Winter als Skipiste dient. Überhaupt werden hier viele Einrichtungen, die im Winter dem Wintersport dienen, im Sommer für Wanderer und Mountainbiker genutzt. Nun kam der technisch anspruchsvollste Trail des Tages. Ein Singletrail mit dem Namen Teufelstrail (oder Höllentrail, das weiss ich nicht mehr), an dem man sich fahrtechnisch richtig austoben konnte. Und das taten wir auch. Die Kraft neigte sich dem Ende, wir hatten noch nicht Mittag gegessen, und so konnte es zu kleinen Unachtsamkeiten kommen. Die haben aber wieder angesichts grandioser Körperbeherrschung keinen Sturz nach sich gezogen. Oder sagen wir es einfacher: Weil ich bannig viel Glück hatte.
Das Mittaggessen kam keine Minute zu früh. Wir nahmen es auf der Fondom Hütte ein. Nachfolgend ging es dann mit der Seilbahn in Richtung Passo de Pordoi, um nachfolgend einen technisch schwierigen Trail durch den Wald, einen Speed-Trail und eine Skipiste in Richtung Campitello zu fahren.
Wie den ganzenTag war die Reihenfolge klar: Walter vorweg, nachfolgend unser Mitstreiter aus Utah, dann Heike aus Leipzig oder ich und hinten dann Heikes Mann, Waldou aus Brügge und sein Vater sowie unsere Beggleiterin aus Utah. Durch Campitello ging es auf einem Wanderweg zur Seilbahn, die uns dann noch einmal über das Sellajoch brachte. Der Ausblick spectaciolous. So dachten wir alle in Englisch, weil das die Sprache des Tages war. Sellastock, Marmolada hinten rechts und linksseitig die Rückseite von Langkofel und Plattkofel, wie ich sie noch nicht gesehen habe. Ich kannte nur den Blick von der Seiser Alm, die ich mit dem Schlern links durch einen kleinen Pass sehen konnte. Nun ging es auf geschmeidigen Trails an einigen Stellen doch verblockt mit etwas Steinen in Richtung Wolkenstein. Die Geschwindigkeit wurde größer und zum Abschluß konnten wir es so noch einmal krachen lassen.
Zusammenfassend: Sehr nette Truppe (hätte ich in der Schnelle so nicht erwartet, aber ggf. verbindet doch das gemeinsame Hobby), grandiose Aussichten, viel Spaß, zusätzliche Bikebeherrschung gelernt und die Sicherheit, dass ich hier noch einmal wandern möchte.
Aber morgen fahre ich noch einmal. Und zwar wieder mit einer Truppe aus dem Hotel. Und darauf freue ich mich schon.