Ein Halber Tag lohnt fast NICHT…

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Bericht Ullrich

Der erste Tag liegt nun hinter uns. Und es war ein schöner Tag! Es begann für mich Morgens kurz vor 6 Uhr. Ein Blick in das Ehrwalder Moos zeigte eine wunderschöne, friedvolle Morgenstimmung. Die Berge leicht im Schleier und der mystische Nebel umgab das Moos. Hier waren Erinnerungen da. Im letzten Jahr bin ich von hier früh morgens aufgebrochen, um das Wettersteingebirge zu umrunden. Und auch da war das Moos im Nebel, die Zugspitze brach die ersten Sonnenstrahlen. Und da ist es doch schön, an alte Gedanken, alte Zeiten erinnert zu werden.

Doch heute geht es von Grainau nach Ehrwald zurück. Da die Etappe heute jedoch nur einen halben Tag dauern sollte, war das Treffen erst Mittags in Grainau angesagt. So frühstückten wir erst gegen 9 Uhr und nach dem netten Foto konnte ich meinem Körper noch etwas Ruhe gönnen. Frühstücken ging schnell, die einzige Übernachtungsmöglichkeit in der Gegend hatte ein nicht ganz so oppulentes Frühstück zu bieten und schnell ging es auch in Richtung Grainau. Wir hatten angesichts Oskars Verletzung an der Hand entschieden, dass Oskar die heutige erste Etappe noch nicht fährt, da er den Lenker mit seiner aufgerissenen Handfläche noch gar nicht richtig halten kann. So fuhren wir gemeinsam nach Grainau, trafen dort unsere Gruppe und nachfolgend verabschiedeten wir uns von Oskar, den wir heute Abend dann in Biberwier, unserem ersten Etappenort, wieder sehen sollten.

Meine Gruppe bestand aus 3 Männern, einer weiblichen Teilnehmerin und mir. Zwei weibliche Teilnehmerinnen waren Basic Level angemeldet, wollen aber lieber mit der Medium Level Gruppe fahren. Ob das gut geht? Auch da bin ich gespannt. Ach ja, was noch wichtig zu erwähnen wäre: Der Guide von Claudia, Oskar und Sabine heisst Julian und ist ein recht netter. Eigentlich studierter Physiker, der aber noch das Arbeitsleben mit dem Freizeitleben besser harmonisieren möchte. Work-Life Balance nennt man das ja heute. Und das scheint ja nun wirklich wichtiger zu sein, als hohe Verdienste. Und die Work-Life Balance scheint auch für meinen Guide wichtig zu sein, denn neben seiner Arbeit in der Softwarebranche führt er ab und zu Touren mit dem Mountainbike. Das wusste ich natürlich schon, denn meinen Guide kannte ich schon. Es war der Guide, mit dem ich meine erste Transalp von Garmisch zum Comer See gefahren war. So konnte ich heute also wieder auf Lutz zählen. Und das soll dann auch für den Rest der Woche so sein. Ich freue mich drauf. Denn die Erfahrungen im ersten Jahr waren durchweg gut.

Ich hatte Lutz zwar als sehr schnellen Fahrer in Erinnerung, doch heute war das weit gefehlt. So wie ich es mir vorstellte, sollte unsere Tour nicht durch testosteron geschwängerte Männer (Originalton Lutz) vom Tempo bestimmt sein, sondern vom Spaß und von der Fähigkeit eines Jeden. Und so ging es dann auch los. Immerhin sollen wir doch alle Spaß haben! Genau mein Denken. Ein gemütliches Tempo brachte uns aus Grainau auf einem Teerweg heraus in Richtung Eibsee. Nachdem wir die Bayerische Zugspitzbahn zwei Mal überquert hatten, ging es dann auf Schotter weiter, um die ersten 200 Höhenmeter zum Eibsee zu überwinden. Ich erinnerte mich an die erste meiner Alpentouren. Hier hatte ich schon fast hyperventiliert. Denn dort hatte ich testosteron gesteuerte Mitfahrer. Aber heute nicht. Ich kam gut voran und wir waren ratz fatz am Eibsee. Claudia und Sabine fuhren so gut mit Julian mit, wie es ihre Erfahrung und die Fitness erlaubten. Wie erwähnt, war auch das Tempo, welches Lutz anschlug auch für mich ein sehr angenehmes Tempo.

Am Eibsee angekommen waren dort doch sehr viele Menschen, so dass wir nach kurzer Wartezeit auf Julian und seinen Teil der Gruppe diesen Ort nach Fotos schnell verlassen konnten, um uns dem einsamen Weg in Richtung Hochthörleütte in Österreich unter die Räder zu bringen. Ich fuhr nett mit Lutz und die Unterhaltung war kurzweilig. Von der Fragestellung, wieso es die Fahrradindustrie schafft, so exporbitant teure Fahrräder auf den Markt zu bringen (ich glaube, das Angebot wird auch künstlich verknappt) und diese auch zu verkaufen, bis hin zu Donald Trump und natürlich Volkswagen war alles dabei. Nun war ich an meine Arbeit erinnert, wenn ich auch nichts mit der Diesel Thematik zu tun hatte. Aber Volkswagen, das betrifft mich doch. Und ich wollte ja eigentlich auch auf der Tour abschalten. Kein Problem, die lockere Fahrt hinauf ließ meine Gedanken schnell wieder kreisen und so war meine Arbeit dann auch recht schnell wieder weg. Das ist auch Mountainbiking: Einfach die Gedanken schweifen lassen (zumindest bergauf). Bergab geht das natürlich nicht immer, da dort für mich immer Konzentration angesagt ist.

Die Luft war kühl, das Atmen fiel leicht und so haben wir auch recht schnell einen schönen Übersichtspunkt über dem Eibsee erreicht. Kurze Pause, Fotostopp, netter kurzer Smalltalk und es ging weiter. Noch einige steilere Höhemneter, dann eine moderate Steigung und schon ging es zu einem kurzen heftigen Schnapper. Als ich diesen im Mai gefahren war (ich war ja schon mal hier und hatte Claudia im Krankenhaus besucht), habe ich noch geschoben. Na ja, ich scheine doch besser drauf zu sein, als ich dachte. Ggf. half auch Lutz, der nochmal darauf hinwies, dass es nur eine Frge des Tempos sei. Und ich hatte beim Alleinefahren in diesem Jahr stets Probleme, das richtige Tempo zu finden. Ich habe meine Komfortzone selten erreicht. In der Gruppe fiel mir das heute viel einfacher. Zurück zur Fitness: Ich bin gespannt, wie gut sie wirklich ist. Noch ist nicht aller Tage Abend und die Tour hat noch 5 anstrengende Tage zu bieten. Nach dem Schnapper ging es kurz noch bergauf.

Ich muss darauf hinweisen, dass dieses immer noch ein Waldweg mit Schotter war. Und was kam uns entgegen? Nun 3 Autos mit asiatisch anmutenden Insassen. Sie hatten sich wohl zu sehr auf das Navi verlassen. Kein Wunder, waren es doch keine Volkswagen, sondern allesamt Citroen. Oder lag es an den Fahrern und Passagieren? Auf jeden Fall sind sie nicht rückwärts gefahren, nachdem ich jedem Fahrer in Englisch erläutert habe, dass das eine Sackgasse sei und sie besser wohl rückwärts den Schotterweg zurückfahren sollten. Was sie gemacht haben, wie sie dort heraus gekommen sind, weiss ich nicht. Aber so ist es, wenn man sich auf das Navi verlässt und zu naiv ist, wenn man eine Teerstraße verlässt und in einen engen Schotterweg einbiegt.

Wir fuhren weiter zur Hochthörlehütte, wo ein Kuchen auf mich wartete und eine Johannisbeerschorle. Es war mittlerweile kurz nach 16 Uhr. Knapp 800 Höhenmeter lagen hinter uns, das Wetter wurde kälter und wir haben auch einige Regentropfen abbekommen. Nun gut, das Aufwärmen tat gut, ich stellte fest, dass ich meine Jacke im Koffer gelassen hatte und an Stelle dieser zwei T-Schirts eingepackt hatte. Aber das sollte mich auch nicht stören, dann für die Abfahrt nach Ehrwald musste dann meine Regenjacke herhalten.

Über einen Trail, ging es bergab und es war eine Wucht. Auch Claudia und Sabine sind den Trail gefahren. Ich zog innerlich meinen Hut, weil sie das wirklich einwandfrei gemacht haben. Zu mir meinte Lutz, dass es ein Unterschied zum letzten Mal gewesen sei. Ich würde mein Fahrrad wesentlich besser beherrschen. Also Balsam für die Seele und fürs Gemüt. Danke Lutz ;-)! Was so wenige Worte doch ausmachen können. Und so ging es in Richtung Ehrwald. Dort stellte ich ein wenig Flattern im Hinterrad fest. Aber das wird schon nichts wichtiges gewesen sein. Aber irgendwie war ich trotzdem beunruhigt. Nun ging es durch einen tollen Lerchenwald, über das Moos dann nach Biberwier.

In Biberwier angekommen war mir auch das Flattern ein wenig klar. Am Hinterrad ist eine Speiche gebrochen. Wo und warum, weiss der Teufel. Das ist ja nun die zweite Speiche in diesem Jahr. Entweder liegt es am Gewicht von mir oder ich muss auch etwas langsamer fahren. Nun muss ich morgen noch mit einer kaputten Speiche fahren und hoffe in Prutz dann einen Fahrradladen zu finden, der dann noch mein Hinterrad reparieren kann. Eine kaputte Speiche, da funktioniert das Fahren. Mit zwei kaputten Speichen wird es schon schwieriger.

So, jetzt geht es ins Bett. Es ist knapp vor 22 Uhr. Nicht ohne mich auf morgen zu freuen, wo es zum Marienbergjoch und zur Kronburg hoch geht. Das erste ist eine Herausforderung, an der ich einmal schon fast gescheitert bin, aber letztes Jahr im Urlaub innerhalb von einer Stunde und 15 Minuten oben war. Mal sehen, wie es morgen wird. Nun gute Nacht und bis morgen, wo ich mich hoffentlich aus Prutz wieder melden kann.

Ergänzung von Claudia

An den Abenden meiner/ unserer Tour waren weder Sabine noch ich in der Lage, zu dem Blog etwas beizutragen. Ich war einerseits kaputt vom Tag, aber andererseits auch von den vielen Eindrücken und Erlebnissen des Tages. Die teilten sich natürlich auf. Da sind die persönlichen Erfahrungen mit der Anstrengung und der Aktivität, die ich meinem nicht gerade gesunden Körper zugemutet habe. Er wird sich an den letzten Tagen sicherlich oft gefragt haben, ob ich noch alle Tassen senkrecht stehen habe oder in irgendeiner Art lebensmüde war, dass ich ihn so herausgefordert habe – aber auch diese Erfahrung war wichtig für mich.

Und da sind dann natürlich die Erfahrungen in und mit unserer Gruppe, die mich in den ersten Tagen auch leider emotional einige Kraft gekostet haben, aber auch das gehörte bei dieser Tour nun dazu und zu guter Letzt die Natur mit all ihren Gerüchen und vielen schönen Angeboten, die wir beide immer wieder auch gewürdigt haben. Wir hatten das Glück, dass Julian unser Guide war. Er hat es vom ersten Moment an verstanden, sich auf uns und unsere ‘light’-Fähigkeiten einzustellen und uns trotzdem immer wieder zu fordern und mit unserem Wissen und Können voranzubringen. Da wir beiden die ‘echten’ Light-Fahrerinnen (laut Ausschreibung von ULP hatten wir uns und unsere Fitness/ Vorbereitungsintensität absolut korrekt eingestuft, unser Können und unsere Mountainbike-Fähigkeiten dem richtigen Level zugeschrieben) waren, fuhren wir zunächst mit Julian alleine und haben uns, bei aller Anstrengung, interessant und umfassend unterhalten. Der Start in Grainau war schon recht fix und ich habe zunächst auch noch den Fehler gemacht zu denken, dass ich bei der gesamten Gruppe an diesem Tag mithalten muss. Irgendwann fand ich dann auch in mein Tempo hinein. Julian, Sabine und ich folgten in zunehmendem Abstand dem Aufstieg zur Hochtörlehütte. Am Eibsee warteten die Medium-Fahrer auf uns und dann erneut weiter oben. Ich kannte diesen Aufstieg schon, weil Ullrich mich hier, im Anschluss an eine gemeinsame Radtour mit eine Länge von ca. 50 km noch genau diesen steilen Weg wieder zu unserem Ausgangsort im Urlaub vor einem Jahr hochgeschickt hatte.

Er hatte seinerzeit vergessen, wie steil und anstrengend er war und ich hatte vor einem Jahr das Gefühl, dass mein Herz mit dem Schlagen nicht mehr hinterherkommt. Moderat ist ein Wort mit sehr unterschiedlichen Auslegungsgraden 🙂 Nun hatte ich seitdem aber einige Kilometer und Höhenmeter trainiert und kam zwar langsam, aber deutlich souveräner oben bei den anderen an und konnte auch noch atmen und weiterfahren. Eine Erlebnis und eine tolle Erfahrung für mich, denn daran merkte ich, dass mein Training doch Früchte zeigte.

Auf der Hochtörlehütte waren die anderen schon eingetroffen und hatten sich lecker Kuchen bestellt, als Sabine und ich ankamen, aber wir bekamen trotzdem eine angemessene Pause und danach stellte sich die Frage, ob wir beide auch einen etwas schwierigeren Trail mit nach Ehrwald hinabfahren wollten. Wir wollten und ich finde, wir haben uns für den ersten Tag und nach der anstrengenden Auffahrt recht gut angestellt. Lutz gab den einzelnen noch Tipps zur Optimierung und dann ging es über einen schönen Lärchen(Zauber)wald nach Biberwier ins Hotel.

Ich war kaputt, aber froh, dass ich eben gerade diese, mir bekannte Etappe, überstanden hatte. Ich habe auch nur an einer, nee zwei sehr steilen Stellen geschoben, und das fühlte sich für mich sehr gut an. Die Hand von Oskar war noch recht entzündet und so überlegtenwir einen Plan B: Er würde am nächsten Tag mit dem Shuttlefahrer den Beetle aus Ehrwald holen und würde uns mit dem Auto folgen bzw vorfahren, weil es nicht so aussah, als ob er mit den Hand radeln könnte. Im Nachhinein stellte sich diese Entscheidung als richtig heraus und er war auch nicht unglücklich damit.

Nun noch einige Bilder des Tages

Nebel nach dem Aufsehen im Ehrwalder Moos
Nach dem Frühstück nur noch etwas Bodennebe. Linksseitig das Marienbergjoch, über das es morgen gehen wird.
Der Eibsee war am Wochenende naturgemäß mit vielen Gästen belegt
Eibseeblick
Die neu erbaute Bayerische Zugspitzbahn
Zauberwald in Ehrwald