Wie war es für Ullrich, auf seiner vierten Transalp? 14.7.2018 12:30 Uhr. Wir sind gerade vom Brennerpass los gefahren. D.h. wir sind schon wieder auf der Heimreise und die diesjährige (und meine letztmalige?) Transalp ist somit vorüber, erlebt, gefahren, genossen oder gar geschafft- Jede dieser Beschreibungen stimmt auf seine Art und Weise. Es war eine Transalp mit Höhen und Tiefen. Und das im wahrsten Sinne der Worte.
Wir sind einige Tausend Meter bergauf gefahren und auch einige Tausend Meter bergab gefahren. Wir sind auch mehrere Hundert Kilometer geradelt. Mal auf Straße, mal auf Waldwegen, mal auf Fahrradwegen und mal auf Trails. Wir haben 6 Hotels kennen gelernt, wobei die alle von Ulp sehr schön ausgesucht waren. Auch das „Schlechteste“ von ihnen war noch absolut ausreichend. Wenn man die Relationen beachtet!. Ich habe mich wohl gefühlt. Nun, und wir haben 6 Tage unterschiedlichste Charaktere kennen lernen können. Es sind zwei Gruppen los gefahren. Oder besser gesagt 10 Individuen. 5 Frauen, 4 Männer und unsere beiden Guides Lutz und Julian. Und wie es bei so zufällig zusammen gewürfelten Gruppen nun der Fall ist, harmoniere ich mit einigen besser, mit anderen schlechter. Die Gruppe funktionierte für mich überwiegend. Hatte jemand einen kaputten Schlauch, wurde ihm sofort geholfen. Ich hatte sehr nette Gespräche, wenn ich auf solchen Touren auch lieber mich genieße und die Natur. Für die guten Momente danke ich den Beteiligten. Danke Markus, danke Günter und Danke Thomas.
Doch ehrlich muss ich auch sagen, dass ich den Zusammenhalt und die Stimmung, den ich bei meinen Touren im Jahr 2016 und 2017 erleben konnte, dieses Mal nicht gefunden habe. Warum nicht? Nun, da mag es mehrere Gründe geben. Zum Einen müssen mir nicht alle Charaktere gefallen. Tun sie auch nicht. Wir sind ja eine Interessensgemeinschaft, die 6 Tage das gleiche Interesse hat. Aber nicht alle Interessen werden von uns geteilt. So war es für mich eben unpassend, in schönster Natur dauerhaftes Gerede zuhören (welches für mich nicht immer erhellend war), in meiner Wahrnehmung übermäßig künstliches Gelächter über Dinge, die ich nicht lustig fand. Und dann war da auch noch eine Überheblichkeit, bei Einzelnen gegenüber der Einsteiger Truppe. „Ist das hier nicht schöner, als in so einer Cappuccino Truppe durch das Tal zu fahren?“, „Hast Du Dich nicht gelangweilt, als Du mit der langsamen Truppe gefahren bist…?“ So viel Dummes Zeug habe ich auf keiner anderen Transalp erlebt. Und so viele Missachtung von Claudia und Sabine war für mich erschreckend. Musste den Wortführern dieser Worte doch klar sein, dass ich das als Ehemann und Bruder auch mitbekomme. Sensibilität 6, setzen! Es war unpassend. Und dieses gerade von den Teilnehmerinnen, die aus Level 1 in die Level 2 Gruppe gewechselt waren.
Wenn Claudia und Sabine Level 1 gefahren sind, und nicht schnell genug für zwei Damen waren, dann ist das OK, wenn sie in Level 2 wechseln. Wenn diese Teilnehmerinnen dann aber Trails nicht schnell fahren können, oder gar nicht fahren können und auch am Berg bei uns hinterher hängen, so ist es nicht mein Stil, hierüber zu lästern, wie die gleichen Damen das in meiner (und auch Sabines, bzw. Claudias Wahrnehmung) gegenüber der Level 1 Gruppe gemacht haben. Mich widert so ein Verhalten an und ich bin mir bis heute nicht sicher, ob das die Beiden gar nicht gemerkt haben. Ich hätte mich gefreut, hätten die beiden Freundinnen die Toleranz gegenüber der anderen Truppe an den Tag gelegt, die ich gegenüber ihnen gezeigt habe. Habe ich es den Beiden gesagt? Nein! Warum nicht? Weil ich einfach keine Lust hatte. Claudia jedoch hatte hierüber auch mit Lutz, meinem Guide, gesprochen und das war sehr gut.
Nun und dann war da das ewige Gesabbel, welches ich schon erwähnt hatte. Ich fahre die Tour, um die Natur zu genießen. Ich muss nicht die ganze Zeit reden und auch keine Geschichten hören. Mal ist das OK, aber nicht immer. So traf dann das MItteilungsbedürfnis einer Mitfahrerin (OK, ich wurde zu Beginn von dieser schon hierüber gewarnt) nicht das Hörbedürfnis von mir. Und ehrlich wen interessiert es, ob wir 420, 410, 400 oder 380 km gefahren sind? Und wen interessiert es, ob ich 10.000 Höhenmeter, 8000 Höhenmeter oder nur 6000 gefahren bin? Niemanden! Ich mach das doch nicht für Zahlen, sondern als Erlebnis und zum Wohlbefinden. Ich könnte mir vorstellen, was man aus dieser Zahlenfixiertheit interpretieren könnte. Aber das steht mir nicht zu, hierüber zu urteilen. Es passt nur mit dem mehrfach gleichen Ausdrucksweisen dieser einen Mitstreiterin zusammen, die von Hackordnung, Trialordnung und ähnlichem sprach. Sei es drum, jeder soll glücklich werden, wie er möchte. Jeder hat das gleiche Geld bezahlt, jeder soll so sein, wie er möchte.
Und so habe ich aus der Tour das Beste gemacht, habe genossen und auch viel Spaß gehabt. Danke Markus, Thomas, Günther! Von Günter habe ich übrigens viel über Hopfenbuchen gelernt (nämlich, dass es diese überhaupt gibt) und ich habe viel über Wildschweine und deren Verhalten gelernt. Nun kann ich mit weniger Angst in Zukunft durch den Harz fahren. Ach ja, dass Douglasien auch gut riechen, wie Zirben, kann für mich in Zukunft auch noch wichtig sein. Daher nochmals Danke Günter.
Wobei ich abschließend sagen kann, dass die Tour Garmisch-Comer See oder auch die Level 3 Tour „Best of Trails“ viel mehr hochalpine Erlebnisse hatte. Und dadurch waren sie viel schöner für mich. Trotzdem war es alles in allem eine schöne Tour, mit hoch engagierten Guides, netten Mitfahrern und schöner Landschaft. Viele dieser Alpentouren werde ich so nicht mehr machen und ich bin dankbar, dass meine Gesundheit die 6 Tage durchgehalten hat. Auch meine Kondition hat gehalten. Das war eine Sorge, die ich vor der Tour hatte, denn im Gegensatz zum letzten Jahr hatte ich in der Vorbereitung ja 500 km weniger trainiert. Und so kann ich sagen Ende gut, alles Gut. Und die wenigen negativen EIndrücke, die vergese ich. An den positiven Eindrücken werde ich mich -wie auch in den Jahren zuvor- lange laben können. Und ich hoffe, dass Sabine und Claudia genauso denken können wie ich und ihre emotionalen Belastungen durch die oben erwähnte Missachtung auch vergessen können. Im Übrigen sei ja gesagt, dass die Leistungen für Neulinge viel Größer zu bewerten sind, als die von mir, der nun schon die vierte Tour hinter sich hat.
Noch ein abschließendes Wort zu unseren Guides: Danke Lutz für die Trials, die ich fahren durfte. Danke auch für die Rückmeldung zu meiner Fahrweise im Vergleich zu 2015 und Danke für die Eindrücke, die ich dieses Mal gewonnen habe. Und danke auch für die guten Gespräche, die wir während des Fahrens geführt haben. Mir wird unser Gespräch von Bozen hinauf zum Mendelpass wo wir 60 Minuten 12 km bei 500 Höhenmeter -ich musste einfach auch mal Zahlen bringen 😉 in Erinnerung bleiben. Und das obwohl die Zeit wie im Fluge an mir vorbei ging. Danke Julian für Deine einzigartige Art und Weise. Dein Humor ist einmalig. Dein Sarkasmuss ist das, was ich gut leiden konnte. Ich fürchte, dass ihn nicht jeder versteht. Und Danke Dir für die Art und Weise, wie Du Dich um Sabine und Claudia gekümmert hast. Deine sozialen Qualitäten rufen einfach danach, dass Du hieraus etwas mehr machst. Und ich bewundere, dass Du so ein harter Typ bist, verwegen und risikobereit, dass Du Morgens Elmex nimmst und Abends Aronal. Das muss Dir erst einmal jemand nachmachen. Als Steigerung könntest du mal im Smoking an eine Tankstelle fahren und tanken. Dort steht ja immer „No Smoking“. Noch ein Tipp zum Schluß: Tausch Deine Transalp Urkunde bei Bewerbungen wieder gegen Dein Physik-Masterzeugnis aus. Das kommt dann doch bei Personalern besser, die Dich einstellen wollen! Hätte ich einen Arbeitsplatz zu besetzten, der auf Dich passen würde, Du würdest ihn sicher bekommen.
In diesem Sinn, schließe ich jetzt kurz vor Garmisch meinen Blog zur diesjährigen Transalp. Ich sage Kette rechts und keep on riding.. Nachtrag 14.07.2018: In Grainau, wo wir noch Urlaubmachen, traf ich zufällig meinen Guide Holger Schaarschmidt von der letzten „Best of Trails“ Tour. Das war ein nettes Wiedersehen. Und ich nehme das Obige zur wahrscheinlich letzten Tour von mir zurück. Ich denke, dass ich auch nächstes Jahr wieder eine Tour fahre. Mit Holger. Mal sehen, ob es klappt.
Und was denkt Claudia nach ihrer ersten und sicherlich einzigen Trans Alp? Die Äußerungen zu den Höhenmetern und Kilometern, zu den gefahrenen oder geschobenen Trails und dem einen oder anderen Charakter von Ullrich muss ich nicht wiederholen. Ich bin bestimmt auch nicht jedermanns oder jederfraus Sache – aber ich bin auf jeden Fall teamfähig und denke mir in mancher Situation eben meinen Teil. Für mich gab es weder eine ‚Hackordnung‘ bei der Reihenfolge der Radelnden noch einen Wettkampf gegen irgendjemanden aus der Gruppe. Für mich war es wie bei meinen Marathons und auch den anderen Läufen: Ankommen ist das Ziel und vor allem, dass es mir dabei und danach gut geht. Und genau das habe ich erreicht. Ich hatte keine Schmerzen (außer den üblichen jahreslang bekannten), ich fühlte mich etwas kaputt, aber richtig gut!
Als Sabine Ullrich irgendwann mal fragte, ob sie auch auf der Tour mitfahren könne, hatte ich zunächst Sorge, dass sie, die schon immer Sport gemacht hat, mich derart zieht, dass ich mich überfordere, nur, um nicht immer hinten anzuhängen. Auf unseren gemeinsamen Fahrten durch den Harz habe ich ihr das auch offen gesagt. Aber wir haben vom ersten Mal an gemerkt, dass das super passt mit uns beiden. Sabine war am Berg manchmal fixer, hatte da so ihren ‚Lauf‘, ich war dafür bergab deutlich mutiger und wir harmonierten einfach toll beim Fahren. Wir haben wirklich schöne Touren gemacht und wollen das auch ab und an beibehalten. Während der Tour ist das genauso harmonisch geblieben und es war einfach toll, Sabine, dass wir gemeinsam gefahren sind. Wir haben uns gegenseitig ermuntert und keine von beiden hat sich schlecht gefühlt, wenn es mal nicht so lief – da wareine ganz ehrlicher und aufrichtiger Zusammenhalt ohne jegliche Konkurrenz und/ oder Neid auf erbrachte Leistungen.
So, dachte ich eigentlich, ist das in Sportlergruppen mit diesem Ziel, eine gemeinsame Tour zu machen, üblich. Nun, da wurde ich vom Gegenteil durch einige wenige Teilnehmenden überzeugt. Sicherlich habe ich das mit dem Guide thematisiert, aber eben nicht mit den betreffenden Radlern, aber im Nachhinein denke ich, hätten sie das ohnehin nicht verstanden. Empathie ist für manche nicht nur schwer zu schreiben, sondern auch zu empfinden. Es hat mich sehr verletzt, dass man sich auf meine Kosten amüsiert hat, aber auch hier ist mir klar, dass es sich nur um einen kleinen Teil handelt und wenn sie das nötig haben – bitte – wenn sie sich dadurch selbst aufgewertet haben. Ich habe dieses Päckchen irgendwann auch zugeschnürt und daraus gelernt habe ich allemal. Und ich hoffe, dass mein offenes Gespräch in Bozen auch etwas Nachhaltigkeit zeigt.
Warum habe ich diese Tour gemacht? Weil ich es wollte – nicht, weil ich es schon konnte! Ich wollte es wissen und ich weiß, dass ich meinem Körper mit all seinen Krankheiten und Einschränkungen damit eine ganze Menge zugemutet habe. Wir beide sind an vielen Tagen nicht gut aufeinander zu sprechen und ich habe ihn diese Woche wahrlich provoziert. Aber er hat mich nicht wirklich im Stich gelassen. An der Norbertshöhe und am letzten Tag zum Abschlussfoto hatte ich Sorge, dass nun die Rache kommt, aber er hat es mir dann doch gegönnt, dass ich mit Stolz zurückblicken kann, dass ich es geschafft habe. Das Gefühl kann man schwer beschreiben, das ist einfach so ganz ruhig und warm und zufriedenstellend.
Und zum Abschluss noch ein paar Sätze zu unserem Guide Julian: Ich weiß nicht, ob er die Zeilen irgendwann mal liest, aber er war vom ersten Moment an der richtige für uns beide. Er war einfühlsam, konnte uns super einschätzen, das richtige Tempo und die richtigen Strecken für uns entscheiden und uns trotzdem auf charmante und geschickteArt immer wieder zu Höherem fordern. Es hat einfach Spaß mit ihm gemacht, sein feiner Humor ist einfach großartig und ihm konnten wir keine Steigung und keinen Weg abschlagen und irgendwie krumm nehmen. Wir haben während der Touren zu dritt viele schöne und interessante Gespräche geführt – also war da noch genug Luft 🙂 zum Atmen beim Radeln, Schieben und Tragen. Ich wünsche ihm, dass er seine Fähigkeiten und seine Kompetenzen im Umgang mit Menschen irgendwann nicht nur für seine Touren und sportlichen Aktivitäten nutzt, sondern den Mut für ein Parallel-Leben aufbringt, über das er ja selbst nachdenkt und über das wir auch immer wieder gesprochen haben.
Und Sabine – Dir danke ich, dass wir diese Tour so bravourös zusammen durchgezogen haben und dass Du eine so tolle Teampartnerin warst. Wenn ich nochmal fahren würde – immer wieder gerne mit Dir!
Und der letzte Satz gehört Ullrich: Ich habe ihn auf der Tour an den Abenden doch auch immer wieder mal mit meinen Gedanken vollgesabbelt und dabei kam auch der Gedanke auf, dass ich mich so ein wenig in sein Hobby eingedrängelt habe. Ich habe ja einfach gesagt, dass ich auch so eine Tour mit ihm mitmachen möchte und habe gar nicht gefragt, ob er das auch gut fände. Er fand es aber gut und hat ja sogar diese Switch-Variante herausgesucht. Es war auch für ihn eine Umstellung, dass er diese Tage nicht nur an sich und seine Dinge denken musste, sondern eben auch an mich und uns. Und auch das hat hervorragend geklappt und ich danke ihm für diese Erfahrung und dieses Erlebnis. Ein weiterer ‚Bonding-moment‘ in unseren 24 Jahren, die ja auch wie so eine Art Alpenüberquerung waren. Es war toll mit Dir und wenn ich noch einmal fahren würde – auch immer wieder sehr gerne mit Dir – zumindest dann an den Abenden nach getrennten Anstrengungen!