Alles eine Frage der Perspektive…

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Das erste Wochenende im Mai stand bei mir ganz im Zeichen der Harzer Natur. Neben den obligatorischen Mountainbiketouren stand auch eine Wanderung entlang des St. Andreasberger Höhenwanderwegs auf dem Programm. Und wie so häufig, berichte ich hier von meinen Touren durch meine Heimat.


Mehrfach schon waren tote oder gefällte Bäume im Harz Gegenstand in meinen Berichten. Doch dieses Mal möchte ich Eindrücke teilen, die ich auf der genannten Wanderung und 2 Mountainbiketouren über knapp 100km und 2100 Höhenmeter am vergangenen Wochenende genießen konnte. Wenn -wie in den letzten Berichten dargestellt- so viele Bäume abgestorben, umgestürzt oder gar gefällt sind, wie kann ich da von Genuß sprechen? Nun, durch andere Perspektiven die sich mir aufzeigten. Denn es gibt nicht nur das besagte Sterben von großen Flächen im Harz. Es gibt auch weiterhin grüne Bereiche, die einen wunderbaren Kontrast zu dem grauen Allerlei bilden. Und es sind nicht nur Laubbäume, die in diesem Mai die von mir gesehene Landschaft mit sattem, hellem Grün füllen. Nein, es gibt durchaus auch noch Bereiche, in denen auch Nadelhölzer mit ihrem dunklen und ebenso satten Grün die Aussicht prägen. Wenn diese 3 verschiedenen Eindrücke -graues totes Holz, leuchtend hellgrünes Laubholz und auch dunkelgrünes Nadelholz- in Kombination aufeinander treffen, dann entstehen wunderbare Kontraste. Wie so häufig im Leben prägt die Perspektive die Eindrücke, die wir wahrnehmen.

So zeige ich auf den nächsten Fotos in der Nähe des St. Andreasberger Höhenweges gesunde Laub- und Nadelbäume in Eintracht mit abgestorben Bäumen. Auch leitet ein satter Laubwald, den Blick auf seinen toten Bruder, den Nadelwald im Hintergrund. Und wie wir schon beim Tod sind, zeigt das dritte Bild sozusagen Leben und Tod. Doch auch im toten Bereich entwächst wieder neues Leben. Eine vierte Perspektive zeigt den Sonnenschein, der durch den linksseitig lebenden Baum seinen Weg sucht und dabei doch die abgestorbenen Baumreste rechtsseitig in den Schatten stellt.

Ich möchte es an dieser Stelle auch nicht versäumen, eine weitere Perspektive zu teilen. Und zwar die, die ich ebenfalls in Sankt Andreasberg einzunehmen wusste: Wie interessant ist es doch, dass der am Wegesrand liegende tote Baum über die Jahre wieder die Grundlage zu neuem Leben in Form von Moos bildet?

In der Nahsicht, d.h. wenn ich direkt an den “abgestorbenen Flächen” vorbei radelte, haben sich auf den letzten Touren meine Gedanken häufig mit der wahrgenommenen Trostlosigkeit beschäftigt. So auch heute früh, als ich noch bei recht kühlem Wetter hoch zur Käste geradelt bin. Als ich einige Stunden später bei herrlichem Sonnenschein auf dem Höhenweg am Gelmkeberg radelte und hinüber auf den Weg zur Käste, den ich keine 4 Stunden vorher gefahren bin, blickte, da war dann doch viel mehr Grün zu sehen, als ich erwartet hätte. Ein Blick etwas weiter nach links verwunderte mich dann noch etwas mehr. Auf dem Hahnenbergweg, den ich knappe 10 Minuten vorher unter meinen Reifenstollen hatt, hätte ich nicht im geringsten erwartet, dass der Hahnenberg von der anderen Seite aus der Distanz dann doch so grün aussah. Die nächsten beiden Fotos zeigen den Weg zur Käste sowie den Hahnenberg.

Nachdem ich den Brautstein umrundete und meiner Heimatstadt Goslar auf dem Weg zum Dicken Kopf wieder näher kam, boten sich noch zwei Ausblicke, die ich mit einem Foto festhalten musste. Einmal schaute ich hinüber zum Rammelsberg, wo sich wiederum etwas Grün mit viel Grau ablöste. Spannend fand ich die Spuren der unermüdlichen Forstwirte, die fein säuberlich in geraden Spalten den “Friedhof der Bäume” entfernten und sozusagen als Spaltenköpfe die Holzpolder aufstapelten. Etwas später -schon am Rammelsberg angekommen- boten sich mir wieder schöne Kontraste: In der Ferne beeindruckten die blühenden Rapsfelder des Harzvorlandes, während am Steinberg das Grün (noch?) dominierte. Im Kontrast hierzu bot sich am Fuße des Rammelsberger Weges das eingangs schon beschriebene Wechselspiel von Hellgrün über dunkelgrün bis hin zu totem Grau. Und das war es auch, was meinen Nahbereich durch tote Bäume dominierte.

Als ich über Rammseck in Richtung Blauer Haufen unterwegs war, kam mir der Gedanke über Perspektiven, der die Grundlage für diesen Blogeintrag bildete. Ich genoß hier den Blick auf die farbigen Gleitschirmflieger vor dem blauem Himmel, die im Verhältnis zur Fichte am rechten Bildrand so unendlich klein auf mich wirkten. Am Rammseck, das ca. 1km von der Position des ersten Fotos entfernt war, angekommen, zeigte sich mir eine andere Perspektive. Hier flogen einige dieser Gleitschirmflieger wie zum Greifen nah an mir vorbei. Und ich überlegte mir, wie wohl der Blick auf meine Heimat- und Lieblingsstadt Goslar aus ihrer Perspektive aussah. Ich weiss es nicht!

Aber der Blick, den ich kurz vor dem Maltermeisterturm rechtsseitig auf Goslar richtete, genügte mir. Auch wenn aus einigen Detailperspektiven in Goslar noch sehr viel zu tun ist (doch das könnte mal ein anderes Blogthema werden), so muss ich doch anhand dieser Perspektive festhalten, das Goslar einmalig schön am Fuße des Rammelsberg liegt. Und das nun schon 1100 Jahre.

Abschließend möchte ich noch einige Perspektiven teilen, die mein Freund Frank auf der heutigen Mountainbiketour, die mich von Goslar über die Käste zum Torfhausberg und zurück über Salzstieg, Winterbergtrail und Bad Harzburg sowie nachfolgend über Oker, Hahnenberg, Gelmkeberg und Rammelsberg brachte, von mir in seinem Telefon festhielt. Passend zur heutigen Maistimmung dominieren auf diesen Fotos die hellgrünen Laubgehölze und es waren mal keine toten Waldflächen zu sehen. Trotzdem gilt auch hier: Es sind unterschiedliche Perspektiven. Genießen wir sie, so wie wir sie auch im täglichen Leben genießen sollten. Denn sie machen doch das Leben spannend. Es gibt ihn nicht, den einzigen “richtigen” Blick auf die Dinge des Lebens. Die Einbeziehung der Vielfalt unterschiedlicher Perspektiven ist es doch erst, was eine möglichst umfassende Einschätzung der Umgebung ermöglicht. Und das ist es, was wir im Hinterkopf behalten sollten, wenn wir über Diversität sprechen. Es ist halt alles eine Frage der Perspektive.