Muße und Ruhe

Posted on

Der Alltag lässt uns in der Regel recht wenig Muße und so sind wir allen Bestrebungen, unseren CO2 Fußabdruck zu reduzieren zum Trotz über die Pfingsttage an die Ostsee gefahren. Eigentlich wollten wir die Seele baumeln lassen, den hektischen und belasteten Alltag hinter uns lassen und ein wenig die Ruhe genießen. Das gelang uns auch – zumindest ab und zu.

Die Anfahrt nach Haffkrug konnte jedoch dazu nicht beitragen. Wir sind nicht mit dem 9 Euro Ticket gefahren, sondern mit dem Pkw und wurden schon kurz hinter Hannover durch den ersten Stau gestört. Weitere sollten folgen. Von Ruhe und Muße konnte da definitiv nicht die Rede sein. Aber in Erwartung eines schönen sonnigen Wochenendes nahmen wir das Unvermeindliche hin. Wir umfuhren einige Staus, doch waren sie unvermeindlich? Ich weiss es nicht, habe da jedoch so meine Bedenken, wenn ich die Dauer und Länge von Baustellen auf Autobahnen anschaue und dann auch noch in Betracht ziehe, wie viele -oder besser gesagt wenige- beschäftigte Straßenbauer auf diesen Baustellen zu sehen sind. Egal, wir fuhren um die Staus herum, sahen einige schöne Ortschaften in der Lüneburger Heide und ich organisierte parallel noch eine Besatzung für den Einsatzleitwagen des Landkreises Goslar. Denn parallel lief eine ungeplante Feuerwehrübung in Goslar. Eine Übung, die sicher für den ein oder anderen nicht gerade für einen ruhigen Wochenendstart sorgte. Wir waren dann 1,5 Stunden später als geplant gegen 19:30 Uhr in unserem kleinen netten Hotel an der Ostseeküste. Die Sonne schien schön und so sollte es auch die nächsten Tage bleiben.

Und was liegt näher, als bei Sonnenschein ein Fahrrad zu bewegen? Wir fuhren am nächsten Tag aus Haffkrug über einen schön ausgebauten Radweg in Richtung Süden. Scharbeutz, Timmendorfer Strand, Niendorf lagen auf dem Weg zur Hermannshöhe. Ich hatte den Eindruck, dass die Anzahl der Personen, die die Strandpromenade, den Strand und auch den Radweg bevölkerten, direkt proportional zur Länge der Ortsnamen war, in deren Bereich wir uns befanden. Waren wir in Hafkrug noch sehr alleine, änderte sich das in Scharbeutz maßgeblich. Und das war auch schon nicht mehr vergleichbar mit den Menschenmassen in Timmendorf. Am Rande sei vermerkt, dass sich auch die Eispreise genauso proportional zu den Buchstaben in den Ortsnamen verhielten ;-). Da hatten wir bei unserer Planung den richtigen Riecher und es war gut, dass wir bei unserer Suche nach etwas Ruhe eben Haffkrug als Zielort ausgesucht hatten und nicht Timmendorf.

Wir fuhren langsam vor uns hin und erreichten nach ca. 17 km die Hermannshöhe. Hier war auch ein Gewusel und so fuhren wir unverzüglich wieder in die umgekehrte Richtung. Es war mittlerweile gute Mittagszeit. Die Menschenanzahl hatte sich auf dem Rückweg im Vergleich zum Hinweg vervielfacht.

Von Muße konnte somit nur bedingt gesprochen werden. Einige Menschen beherrschten weder ihre Fahrräder (insbesondere, wenn sie auch noch elektrisch angetrieben waren), andere beherrschten ihr Mundwerk nicht richtig. Uns störte das nicht und wir hatten trotzdem einige schöne Ausblicke und fanden wenig bevölkerte Stellen, die wir genossen haben.

Ich fuhr mit Claudia den „Rekord“ von 27 Höhenmetern auf 34 Kilometern. Es ist müßig zu erwähnen, dass wir diese Höhenmeter und Entfernung mit einem ganz normalen Fahrrad erfuhren. 7 Gänge hatte es, wovon ich maximal zwei nutzte. Die -oben im Bild sichtbaren- Reifen waren viel schmaler, als ich es sonst gewohnt bin und sprechen so eine eindeutige Sprache. Das Radeln hat trotz der Menschenmengen, der geringen Höhenmeter und des ungewohnten Fahrrades in strahlender Sonne viel Freude gemacht. Es war mal kein Training für die Transalp und wir konnten erfahren, wie entspannt auch Radeln sein kann.

Die strahlende Sonne ließ die Freude später doch ein wenig eintrüben. Denn -und das hat mich bei meiner Hautbräunung doch überrascht- am Abend merkte ich dann doch an einigen Körperstellen, dass die Sonne stärkeren Einfluss auf meine Haut hatte, als mir das lieb war. Wahrscheinlich ist es auch meiner Hautärztin nicht lieb gewesen. Denn meine Haut war nicht mehr bräunlich, sondern erinnerte eher an eine „Rothaut“. Dieser heute politisch sicher unkorrekte Name mag mir verziehen sein. Jedoch waren meine Knie und auch Arme und vor allen Dingen meine Nase doch leicht rötlich und ich ärgere mich heute noch, dass ich die Sonnencreme nicht genutzt habe.

Wie dem auch sei. Der Titel dieses Blogeintrags lautet „Muße und Ruhe“. Beides haben wir temporär auf unserer Radtour gefunden. Am Nachmittag gönnten wir uns noch einige Zeit an einem nicht bevölkerten Strandabschnitt und konnten so dem Brausen des Windes und dem Plätschern der Wellen lauschen – und kamen so weiterhin zur Ruhe.

Richtig ruhig wurde es aber erst nach dem Abendessen. Ein Spaziergang am nun wirklich einsamen Strand beschloss den Abend bei genüsslicher Stimmung. Es war ein herrlicher Sonnenuntergang – auch wenn (oder gerade weil) die Sonne im Westen untergeht und wir östlich über Dünengewächs und die Ostsee schauten.

Die richtige Ruhe hatten jedoch die Angler, die wir auf unserem Spaziergang am Strand trafen. Es wurde gar nicht viel geredet. „Moin, Petri Heil“ und weiter ging es mit innerer und äußerer Ruhe an dem auch zunehmend ruhiger werdenden Wasser.

Der Himmel färbte sich in schönes Rosa und Türkis. Und während noch drei junge Mädels die Stimmung genossen (siehe Titelbild), gingen wir mit beruhigenden Momenten in der Seele zurück in unser Hotel.

Die Nacht war nicht so ruhig. Es wäre wahrscheinlich ruhiger gewesen, hätten die Frösche des benachbarten Teiches im Haffwiesenpark nicht die Nacht zum Tag gemacht. Das Froschkonzert, stand in Lautstärke einem Rockkonzert fast in nichts nach ;-). Einen Eindruck, wie es sich anhörte, habe ich hier gefunden. Und glaubt mir, es war lauter! Angesichts des lautstarken Revierverhaltens war es auch gar nicht schlimm, dass ich mich um 04:15 Uhr aus dem Bett begab, um ruhige Momente zu genießen. Ich hatte mir vorgenommen, den Sonnenaufgang, der um 4:49 Uhr zu erwarten war, am Wasser zu genießen.

Dort angekommen, konnte ich neben einem älteren Ehepaar, welches im Strandkorb ebenfalls auf den Sonnenaufgang wartete, und zwei Nachtschwärmern, die das Grauen des Morgens erwarteten, fast alleine die unendliche Weite der Ostsee genießen.

Während sich in Richtung Südosten Nebel über der Bucht vor Scharbeutz und Timmendorf zeigte, waren in Richtung Nordosten schon die ersten rötlich angehauchten Himmelsfarben zu sehen. Sie wurden recht schnell stärker und heller und von einem Augenblick auf den anderen zeigte sich die Sonne am Horizont.

Und hier war es wieder abssolut ruhig. Das Wasser der Ostsee plätscherte ruhig vor sich hin und das frühe Aufstehen mitten in der Nacht hatte sich schon gelohnt. Nebenbei gab es vielfältige schöne Eindrücke von Mutter Natur. Wie schrieb gestern doch ein Bekannter in einem sozialen Medium? „Auf was für einem coolen Planeten wir leben“. Ich will einige der beeindruckenden Eindrücke dieses coolen Planeten noch teilen. Auch wenn -und das ist ja immer so bei den Fotos- diese nicht annähernd an die Realität heran kommen.

Nun hieß es aber noch einmal zurück ins Hotel, denn müde war ich doch. Und eine Mütze Schlaf konnte nicht schaden, bevor wir am folgenden Tag noch einige Meter zu Fuß am Strand spazieren gehen wollten.

Und da war es mit der Ruhe vorbei. Ich dachte, dass es am Sonnabend schon voll in Scharbeutz und Timmendorf war. War es auch. Aber heute war es dann doch noch voller. Eben so voll, dass wir uns beide wohl nicht mehr so richtig wohl fühlten. An allen Stränden waren schon viele Menschen unterwegs (wie mag das erst im Sommer hier sein?). Und auch die Uferpromenade glich der Fußgängerzone von München an einem verkaufsoffenen Sonntag. Unser Ding war das so nicht. Die Ruhe des Morgens war dahin. Uns gefiel es nicht ganz so sehr. Den anderen Touristen auf diesen Touristenmeilen bzw. an diesen Hotspots offensichtlich schon. So unterschiedlich sind dann die Erwartungen.

In den Bergen, die sonst unser häufiges Ziel zum Ausspannen sind, gibt es ebenfalls Hotspots, an denen es von Menschen nur so wimmelt. Aber abseits der Seilbahnen haben wir immer schnell ruhige Gegenden gefunden, in denen wir Muße und Ruhe genießen konnten. Und so wird es auch an der See viele ruhige Plätzchen geben, die auch tagsüber nicht so überfüllt sind. Man muss sie eben nur finden. Uns gelang das aus verschiedenen Gründen nicht.

So laben wir uns weiterhin an den letzten Eindrücken des beeindruckenden Sonnenaufgangs und danken für die ruhigen Momente, die wir an der schon stark frequentierten Ostseeküste auch gefunden haben. Diese waren abseits der üblichen Tageszeiten und abseits der hoch motorisierten und lautstark an uns vorbei fahrenden PS-protzenden-Boliden und Motorräder zu erleben. Denn das gab es leider auch noch zu verzeichnen: Motorradfahrer, die meinten, dass die Akustikdämpfung ihrer Helme wohl auch den Spaziergängern oder Fahrradfahrern zur Verfügung stand. Und gleiches gilt auch für die Autofahrer der o.g. Fahrzeugtypen. Lasst Euch sagen, dass eine Schalldämpfung im Auspuff und sinniges Fahren Sinn macht und auch noch sozial – weil rücksichtsvoll- ist. Es ist im Übrigen auch nichts jedermanns Sache, den gleichen Musikgeschmack zu haben, wie die Motoristen. Also liebe Autofahrer und auch Motorradfahrer: Wenn Ihr das hier lest, dann denkt mal drüber nach, dass nicht die gesamte Umgebung mit Eurer Lieblingsmusik beglückt oder auch belästigt werden muss. Denn es mag noch Menschen geben, die sich Ruhe wünschen und ggf. auch einen anderen Musikgeschmack haben.

Wie schön war es da doch Morgens und Abends am Wasser, als die Auto- und Motorradfahrer noch im Bett lagen oder ggf. das Abendbrot dem Fahren auf der strandnahen Straße vorgezogen haben? Wer weiss das schon? Ich! Denn ich habe sie genossen, die wunderschönen Eindrücke in Muße und Ruhe und zeige diese zum Abschluss dieses Blogs.