Nach so viel Natur, über die ich in Teil 2 der Hexalogie über San Francisco berichtete, sollten es aber auch noch Eindrücke der Stadt sein, die Claudia und ich in uns aufsaugen wollten. Und so haben wir uns auch vorgenommen, u.a. einige Stunden in Castro zu verbringen.
Das ca 1,4 Quadratkilometer große Stadtviertel „The Castro“ südlich der Market Street, in dem knapp Zwölftausend Menschen leben, wollten wir schon immer mal genauer anschauen. The Castro ist eine der ersten Gay-Umgebungen der USA gewesen und ist lt. Wikipedia auch heute noch eines der prominentesten Symbole der lesbian, gay, bisexual, and transgender (LGBT) Szene der Welt. Die Ausprägung von Castro’s als Gay-Mekka entstand während der 60er Jahre zusammen mit dem „Summer of Love“. Auch noch heute ist das Viertel voller Leben in den Abendstunden. Und auch Tagsüber strahlen die Menschen hier eine Menge Freude und auch Freundlichkeit aus.
Überwiegend konnten wir Männer sehen. Die Damen der Schöpfung waren in der Unterzahl und waren verhältnismäßig wenig sichtbar. Wieso wissen wir nicht, es ist uns jedoch stark aufgefallen. Wir sogen die Stimmung der mit Regenbogenfahnen und auch Regenbogen-Fußgängerübergängen geschmückten Straßen in uns auf. Überall konnten wir unterschiedlichste Eindrücke genießen. Wir sahen Barbie-Puppen mit extremen Darstellungen, durchstöberten interessante Bücherläden, schauten außergewöhnliche Bekleidungen in entsprechenden Geschäften an. Auch der Besuch in einem Hardware-Store (bei Eisenkarl oder bei OBI) auch eines Sex-Shops fehlten natürlich nicht.
Was wir in letzterem als „Provinzler“ aus Goslar sahen, verschlug uns dann doch das ein oder andere Mal die Sprache. Aber wie sagt mein Freund Frank immer: „Leben und leben lassen“. Der Höhepunkt (darf man dieses Wort nach dem Besuch eines der vielen Sex-Shops hier im Castro überhaupt sagen?) war jedoch das Café Poesia , das auf jeden Fall einen Besuch wert ist. Bei italienischer Musik aßen wir neben in ihre Laptops versunkene Besuchern in einem wunderbar designten Raum Pastries und schauten dem Leben im Café und auf der Straße zu. Ein Besuch hier ist dringend zu empfehlen. Nun noch einige Fotos (Achtung, einige sind sehr expliziter Natur), die unsere Eindrücke verewigen. Ach ja, das Castro Theater, das überall in den Reiseführern gelobt wird, war dann von aussen doch sehr enttäuschend.
The Castro ist nicht das einzige Viertel, welches man unbedingt in San Francisco besuchen muss. Haight-Ashbury ist ein weiterer Stadtteil, der unbedingt mit weiteren Eindrücken aufwartet. Haight-Ashbury steht eigentlich für eine Straßenkreuzung der beiden genannten Straßen Haight und eben Ashbury. Aber der Name dieser Straßenkreuzung markiert letztlich einen ganzen Stadtteil, der in den 60er Jahren die Flower-Power Szene hervorgebracht, oder besser zusammengeholt, hat. Wir haben uns primär auf der Straße Haight aufgehalten.
Hier haben wir -wie in anderen Stadtteilen auch- wunderschöne farbige Viktorianische Häuser entdeckt. Wir haben in den unterschiedlichen Bekleidungsgeschäften die Mode der 60er Jahre erleben dürfen. Ein Geschäft bot Bekleidungen aus verschiedenen Epochen der vergangenen Jahrhunderte an und das hat doch sehr beeindruckt. Mit Plastikhandschuhen versehen, konnten wir sowohl Kostüme als auch normale Kleidung von Kleiderständern, die nach Jahrzehnten geordnet waren, einkaufen.
Verglichen mit den 90ern, in denen ich schon einmal in Haight-Ashbury war, hat sich jedoch so einiges geändert. Nach meiner Erinnerung ist die Gegend touristischer geworden, was dem Erlebnis bei mir aber keinen Abbruch tat. Es gab so viele interessante Menschen zu sehen, die in den Geschäften ohne Ausnahme superfreundlich waren. Und sie waren teils sehr speziell. Fotos waren leider nicht immer möglich und so kann ich auch nicht alles wiedergeben. Eigentlich muss man diese kreativen Menschen mal erlebt haben. Ob die Freundlichkeit und Kreativität ihrer Bekleidung oder Geschäftsdekoration den immer noch allgegenwärtigen Drogen geschuldet ist, weiß ich nicht. Ich weiß aber, dass mir dieser Geruch von süßlichen Joints überall entgegenschlug. Aus den Kneipen, auf der Straße, im Park. Das war in San Francisco eigentlich überall zu riechen. Ein kleiner Minuspunkt, da dieser so eigene Geruch – der von mir im Übrigen schwer vom Geruch eines Skunks (Stinktier) unterschieden werden konnte- nun gar nicht meinem Wohlfühlgefühl entspricht.
Bei den folgenden Fotos aus Haights-Ashbury wäre das Lied “San Francisco” von Scott McKenzie aus 1967 angebracht zu hören. Denn nirgendwo in San Franzisco habe ich dieses Gefühl “Be Sure to Wear Flowers In Your Hair” so ausgeprägt erlebt, wie in Haight-Ashbury.
Ein interessanter Insider ist die Uhr, die an der Kreuzung Haight-Ashbury steht. Ja, sie steht – und zwar auf 4:20 Uhr. Das soll als Synonym für das Rauchen von Marijuna sein. Wie oben schon erwähnt, haben wir wohl beim Besuch von Haight-Ashbury in einer Zeitmaschine verbracht. Denn 04:20 schien uns den ganzen Weg zu begleiten. Eben durch den dauerhaften Geruch dieser Droge.