Wir erfreuten uns am gestrigen Tag über wohligen Sonnenschein, der uns fast den ganzen Tag begleitete. So wünschten wir es uns, so kam es. Implizit wünschten wir uns auch heute Sonne. Ggf. hätten wir es sagen müssen. Denn so richtig Sonne und positiv anmutendes Wetter hatten wir erst nach der Ankunft in Scuol im Unterengadin. Doch wie immer: Eines nach dem anderen…
Ullrich dachte heute mal wieder er ist überaus schlau. Die Seilbahn, die uns auf 2.752 m Höhe bringen sollte, macht ja erst um 08:30 Uhr auf. Doch vor zwei Wochen konnte ich auch schon um 08:15 Uhr das Ticket kaufen und gleich los fahren. Und so fuhren wir um 08:00 Uhr aus dem netten Hotel Castel in Richtung Bahnstation . Doch ich hatte die Rechnung offensichtlich ohne den Wirt gemacht. Heute war in Österreich Schweizer Präsizision angesagt. Um 08:29 Uhr öffnete der Verkaufsschalter für die Tickets und um 08:35 Uhr waren wir die Zweiten, die die Gondel in Richtung Idalpe betraten. Es war doch kühler als ich dachte. Die kurze Hose und das kurze Trikot mit einer dünnen Jacke waren nicht die optimale Kleidung. Ich hätte es ja auch besser wissen müssen. Kurz vor der Idalpe auf knapp 2400 Metern kam auch noch banniger Wind dazu. Somit wurden unter der Jacke Armlinge angezogen und ein Unterhemd unter das Trikot musste auch noch sein.
So fuhren wir mit dem 8er Sessellift dann um 08:55 Uhr die letzten Meter bergauf. Denn unser Ziel war es, den Ischgler Grenzkamm zu befahren. Linksseitig ist die Schweiz, rechtsseitig Österreich. Doch dazu komme ich gleich. Als wir oben aus der windgeschützten Sesselseilbahn ausstiegen blies uns der frische Morgenwind stark um die Nase. Wir verzichteten auf ein Startfoto, da wir nicht noch mehr frieren wollten. Also ging es los. Erst 50 MEter bergab, dann moderat bergauf, bis dann die erste 30%ige Steigung auf uns wartete. Die Luft war „dünn“. Klar auf knapp 3000 Meter Höhe. Es war eine Anstrengung. Und wer meint, dass wir das hoch gefahren sind, der täuscht. So viel Luft konnten meine Lungen am frühen Morgen gar nicht austauschen, wie meine Muskeln benötigten. Also hieß es schieben. Ich habe es getan, Claudia hat es getan.
Wir waren alleine hier oben. Die Wanderer, die in der Gondel vor uns fuhren sind schon rechtsseitig abgebogen. Und so war es auch nicht peinlich, zu schieben. Ist es sowieso nicht. Denn wer kann hier schon hoch fahren? Ja, da war doch einer, den ich erblickte, als ich mich umschaute. Orange Jacke, Grüner helm und blaues Hardtail. Ja, kein vollgefedertes Bike, sondern ein Hardtail fuhr dieser verrückte Biker. Und da sahen wir ihn auch aus der Nähe. Es war Holger Schaarschmidt. Der Guide der Medium Gruppe von Ulp.
Einige Fotos, ein kurzes Gespräch und alsdann kam auch Claudia an der Greitspitz auf 2870 Meter an. Es ist schon beeindruckend, wie klein wir doch sind. Umgeben von massiver Bergwelt und schon recht starkem Wind. Mir war mittlerweile etwas wärmer. Aber die rauhe Natur um uns herum wirkte doch echt kühl und erschreckend kahl. Wie sagte Holger so schön: „Erschreckend, wie auch der Mensch hier auf dieser Höhe seine Spuren hinterlässt“.
Aber letztlich profitieren auch wir davon. Wir hätten ja auch hoch radeln können. Dann hätten wir das Ziel heute in Scuol wahrscheinlich nicht so gut erreicht. Und wir profitieren auch davon, wiel wir auf dieser Höhe einen Minibagger sahen, der weitere Trails für Mountainbiker präparierte.
Denn deshalb sind wir ja hier oben her gefahren. Wir wollten den Grenzkamm fahren. Ich erklärte Claudia noch die Hügel, über die wir fuhren. Greitspitz, Salaaser Kopf in Richtung Palinkopf. Claudia fuhr die Piste, ich fuhr den Trail. Es war immer noch stürmisch. Mich hat es einmal fast vom Rad geweht. So war ich etwas vorsichtig und stieg an zwei exponierten Stellen vom Rad ab, damit ich nicht stürze. Den Trail hinter mir lassend sah ich in der Ferne am Horizont noch Holger mit seinen beiden Gruppenteilnehmern verschwinden.
Ich war ganz alleine. Es war toll. Claudia war schon weiter vorne, da die Piste leichter zu fahren war. Der Himmel zog weiter zu. Aber es war toll hier ohne weiteren Touristen zu sein.
So machten wir nach einer kurzen Pause noch einige Fotos, bis wir die Abfahrt Richtung Samnaun auf uns nahmen. Es war feucht und rutschig. Es hatte wohl recht stark die Nacht geregnet. Die Abfahrt ist recht steil und wir fuhren gutes Tempo. Das merkte ich dann auch bald an meinen Bremsen. Ich hatte wohl ein wenig zu stark gebrems und auf wenig Kühlung geachtet. Die Bremsen waren so heiß, dass sie sich farblich schon verändert hatte. Aber eine kurze Pause war die Lösung. Und so rollten wir nach Samnaun.
Ein wenig Käse und Wurst in der Sennerei aus Samnaun namen wir noch auf um dann einen schönen Waldweg zu fahren. Auch hier waren wir recht alleine und das ist es, was wir lieben. So kamen wir am Grenzhäuschen an der Straße nach Samnaun an. Und wie vor zwei Wochen fing es an zu regnen. Erst wenig, dann gering. Die Regenjacken und -hosen mussten mal wieder herhalten. Dummerwiese vergassen wir die Gamaschen. Und so waren unsere Schuhe und Socken durchnässt, als wir unten im Unterengadin kurz vor Martina ankamen.
Der Regen ließ ein wenig nach, aber es regnete noch. Wir fuhren also mit durchnässten Schuhen in Richtung Schweiz. Keine Überprüfung am Grenzübergang in Martina. Weder auf Ausweise noch auf Corona Tests oder Impfungen. Nun gut, verstehe das wer will.
Ich verstehe eh die unterschiedlichen Regeln nicht. In Ischgl konnten wir -wie auch in Imst- im Hotel ohne Maske herum laufen. Aber im Geschäft, wo ich meine Fahrradkette kaufte, musste eine Maske aufgesetzt werden Ebenso in der Seilbahn. So richtig konsequent ist das ja nicht.
Aber zurück zur Schweiz. In der Usteria Il Bain, kurz hinter Martina gönnten wir uns einen Kaffee und eine warme Milch. Die Usteria Il Bain ist eher eine Wohnung mit Aussenwirtschaft und Krempel- Flohmarkt-Scheune. Die Toilette ist die Privattoilette, die wir nutzen konnten. Aber die Pause war wichtig, so konnten wir kurz unsere Regensachen zum Trocknen aufhängen und uns mit warmen Getränken aufwärmen.
Nach einer kurzen Pause ging es ohne Regen weiter entlang des Inns. Wir verzichteten auf die Auffahrt nach Tschlin und fuhren weiter an Schlamischott vorbei. Wer meint, dass der Innradweg asphaltiert ist und ziemlich gerade ist, der täuscht sich. Es ist teils ein schottriger Waldweg, der auch einige Steigungen, die es in sich haben, beinhaltet. So z.B. hoch nach Raschiella, wo wir eine zünftige Brotzeit eingenommen haben. Die Sonne schien, die Kleidung trocknete und wir fuhren frohen Mutes weiter in Richtung Sur En.
Es ging durch einen Skulpturenwald, bis wir in Sur En ankamen. Frohen Mutes entschieden wir uns noch einige Hundert Höhenmeter nach Sent zu fahren. Das hieß Straße fahren und war dann doch noch einmal etwas anstrengend. Nicht übermäßig, aber doch ein wenig.
So erreichten wir Send um 14:15 Uhr, um nachfolgend einen schönen Panoramaweg in Richtung Scuol zu rollen. Die Sonne schien, ein perfekter Abschluss der heutigen Tour.
Nun noch einige Bilder:
Ischgl und der Grenzkamm, das Wetter war so la la…