Zum Abschluss unserer Zeit in den Sextener Dolomiten haben wir uns noch für ein wenig Entspannung entschieden. Denn das sollte es im Urlaub schon geben: Zeit! Im täglichen Leben haben wir beide viel zu wenig davon füreinander. So wollten wir einfach eine schöne Zeit genießen. Good times sagt man ja im Englischen hierzu. Und so gingen wir es nach zwei durchaus auch anstrengenden Wochen (die insbesondere in der ersten Woche während unserer Radtour über die Alpen auch von Tempo bestimmt waren) auch langsamer an um auch die schöne Zeit genießen zu können.
Wenn wir uns jetzt eine schöne Zeit für uns, für die Natur, für den Genuss nehmen, dann hat das zusätzlich noch zwei Gründe: Zum einen ließ uns das Wetter duch häufige Regenfälle und vorausgesagte Gewitter keine andere Wahl. Zum anderen dankte es mein schmerzender Fuß, dass wir keine großen Marathonmärsche veranstalteten und gegen die Uhr möglichst viele Ecken der Sextener Dolomiten erkunden.
So sollten es gestern die Erdpyramiden bei Percha sein. Und hier haben wir ein schönes Schild gesehen, welches das Motto unserer letzten drei Tage in den Dolomiten beschreibt. Wir nehmen uns Zeit und nehmen das Tempo raus.
Nach einem heftigen Regenguss und Gewitter sind wir schon einmal später als geplant los gegangen. Und trotzdem haben wir uns alle Zeit der Welt genommen. Wir konnten die Ruhe des Waldes und des Weges genießen, während wir langsam und weitestgehend alleine durch den Wald in Richtung Erdpyramiden gewandert oder auch geschlichen sind. Denn auch die Anzahl der Personen, denen wir begneteten, hielt sich auch in Grenzen.
Die Erdpyramiden scheinen wie von Menschenhand geschaffen. Sind sie aber nicht. Wer es genau nachlesen möchte, wie dieses Naturphänomen entsteht, kann dieses hier tun. Angesichts des fast menschenleeren Wanderwegs konnten wir den Ausblick auf die bemerkenswerten Pyramiden fast alleine genießen.
Langsam ging ich mit Fußschmerzen und wir beeindruckt von dem, was wir auch auf dem Kinderlehrpfad über die verschiedenen Gesteine der Dolomiten gelernt haben, zurück zum Auto. Und wir waren sehr langsam, mehr war körperlich heute leider nicht drin. Und so war noch gar nicht klar, ob wir die Wanderung um die 3 Zinnen, die wir am nächsten Tag durchführen wollten, überhaupt realisieren können.
Die Wanderung um die 3 Zinnen ist 12 km lang und soll ca. 3-5 Stunden dauern. Startpunkt ist die Auronzohütte auf ca 2330 Metern Höhe. Hier müssen wir erst einmal hin. Es gibt vier Möglichkeiten, sie zu erreichen: Erstens wäre die Fahrt mit dem Auto möglich. Das könnte allerdings stressig sein und wäre das Gegenteil von Erholung. Wir haben darauf verzichtet. Die zweite Alternative ist es, mit dem Fahrrad von Toblach über 1000 Höhenmeter zur Hütte zu fahren. Das wäre sehr sportlich aber angesichts unserer Transalp letzte Woche haben wir auch darauf verzichtet. Die Webseite der 3 Zinnen schreibt, dass man auch zu Fuß hingehen könnte. Nun klimaneutral ist es, aber das wollten wir dann doch nicht. Also haben wir uns für den Bustransfer entschieden. Wir nehmen uns die Zeit, stressfrei und vor allen Dingen verlässlich unseren Startpunkt anzufahren.
Buchen wir also einen Bus. Leichter gesagt, als getan. Alle Busse waren vormittags schon ausgebucht bzw. hatten nur einen Sitzplatz frei. So blieb uns noch der Bus um 12:05 Uhr ab Toblach. Nun, den nehmen wir. Wir wären um 13 Uhr am Ausgangspunkt der Wanderung. Plus 4 Stunden, wenn wir schnell gehen. Macht 17 Uhr Rückkehr, so dass wir mit dem letzten Bus wieder herunter nach Toblach fahren könnten. So war unser Plan. Sieht aber auch wieder nach Tempo bei der Wanderung aus. Wollen wir das?
Doch die Wettervorhersage half uns auf die Sprünge, ob wir das wirklich wollen. Ab 15 Uhr sollte markantes Wetter mit einer hohen Gewitterwahrscheinlichkeit um die 3 Zinnen herum auftreten. Das heisst für uns, dass wir wohl besser nicht herum wandern. Mein Fuß dankt es auch. Wir haben den Bus trotzdem gebucht. Denn wir wollten wenigstens einige Meter entlang des Teils des UNESCO Weltkulturerbes gehen. Wir nehmen uns zwei Stunden für die 4 Kilometer von der Auronzohütte zur Lavaredohütte. Dann sehen wir nicht die unterschiedlichen Perspektiven und Eindrücke der 3 Zinnen, aber wir können uns so ein wenig -ggf. für das nächste Mal- anfixen. Und wir können uns so auch wieder Zeit lassen und nicht im Tempo um die Berge herum rasen, damit wir den Bus erreichen. Einfach eine gute schöne Zeit genießen.
Im Gegensatz zu den Erdpyramiden waren wir hier jedoch Teil einer Völkerwanderung. Viele Menschen um uns herum waren hektisch und hinterliessen einen gestressten Eindruck. Lag es ggf. an der Parkplatzsuche oder auch an der Anfahrt mit dem Pkw hier hoch? Wie auch immer. Ich denke, es ist gut, dass der Verkehr durch das Bus-Shuttleangebot zum Startpunkt des Rundweges reduziert wird. So kann man schon einmal entspannt anreisen. Wir haben es genossen, uns fahren zu lassen. Der Preis von 16 Euro pro Person ist im Verhältnis zu den Mautkosen für einen Pkw von 20 Euro eigentlich zu hoch. Oder die Mautkosten sind zu gering…
Es wäre sicher sinnvoll, wenn in diesem Naturpark primär nur noch der öffentliche Nahverkehr stattfinden würde. Auf der anderen Seite soll sich ja auch jeder dieses Naturschauspiel leisten können. Und das kann wohl auch nicht jeder, bei den Preisen. Womit wir eigentlich zu der Frage kommen, wie viel Menschen bzw. Touristen die Natur eigentlich aushält. Schauen wir uns hierzu das folgende Bild an, das kein von mir kreiertes Stilleben ist, sondern so wirklich an den 3 Zinnen von uns vorgefunden ist.
Wenn wir uns den Müll anschauen, den wir neben dem Wanderweg um die 3 Zinnen fotografiert haben, lässt sich die Frage ganz einfach beantworten: So hält die Natur keinen Menschen aus. Es war widerlich. Aber das ist ja auch zu plakativ (wenngleich politisch im Augenblick ja opportun).
Ich finde es schön, dass so viele Menschen in die Natur gehen. Es ist auch gut für die Wirtschaft in Südtirol, das so viele Menschen im Urlaub in der Natur Erholung suchen und auch die schönen Einblicke genießen. Es ist doch schön, dass viele in der Natur eine gute Zeit haben wollen. Aber bitte mit Respekt vor der Natur, damit die Eindrücke auch schön bleiben und nicht der Mülldeponie von Castrop-Rauxel entsprechen. Einige unserer schönen Eindrücke, die wir heute bei der Wanderung und teilweisem Sonnenschein genossen, teile ich jetzt hier:
In dieser Höhe erscheinen die Berge -und insbesondere die 3 Zinnen- schon sehr schroff und unwirtlich – einfach karg. Aber der Wanderweg hat eben nicht nur schroffe Felsen, und öden Schotter zu bieten, sondern auch bunte Blumenvielfalt. Man muss sich nur die Zeit nehmen und die Augen offen halten. Die folgenden Fotos sind nur eine kleine Auswahl davon:
Wir hätten sicher noch mehr schöne Bergblumen fotografieren können, doch das nahende Wetter zwang uns zur Umkehr. Ein längeres Verweilen wäre nicht sinnvoll gewesen. Die folgenden Fotos zeigen die Entwicklung des Wetters auf dem Rückweg von der Lavaredohütte zum Ausgangspunkt unserer Wanderung.
Trotz des immer dunkler werdenden Horizonts haben wir in aller Ruhe wieder die Busstation erreicht. Wir haben uns ja Zeit genommen, sind frühzeitig umgekehr und sind nicht gehetzt durch die Natur geeilt. Und trotz der vielen Menschen um uns herum haben wir eigentlich nur Augen und Ohren für die Natur gehabt (mit Ausnahmer des furchtbaren Geräuschs der Drohne, die durch die zwei asiatischen Touristen um uns herum gesteuert wurde).
So können wir diesen Tag trotz verkürzter Route als absolut tolle, wertvolle und gute Zeit verbuchen. Wir sind somit dem Club beigetreten, für den die junge Dame an der Auronzohütte Werbung gemacht hat.
Wir gehörten heute zum Good times Club. Was uns jedoch nicht gefallen hat, ist das Verhalten einiger Mitmenschen u.a. beim Warten auf den Bus und beim Einsteigen in den Bus. Die Drängeleien sind unnötig und lassen doch sehr zu Wünschen übrig. Da wären wir am liebsten weggelaufen. Aber so ist das halt in Touristenregionen, Rücksicht wird nicht immer groß geschrieben von unseren Mit-Touristen. Weder auf die Natur noch auf die Mitmenschen.