Es war ein perfekter Herbsttag! Am heutigen Sonnabend schwang ich mich wieder auf mein Mountainbike um eine wunderbare Tour durch die herbstliche Landschaft des Harzes zu unternehmen. Die folgenden Zeilen berichten davon.
“Die Sonne, sie stand schon sehr tief…” – diese Zeile aus dem Lied bzw. der Schnulze Rufe Teddybär 1-4 kam mir in Erinnerung, als ich die ersten Höhenmeter meiner heutigen Tour hinter mich gebracht habe. Ja, die Sonne stand verhältnismäßig tief am Himmel. Sie tauchte die Natur in ein warmes, goldenes Licht. Die Temperaturen waren hierdurch sehr angenehm, weder zu heiß noch zu kalt – einfach beste Voraussetzungen für eine schöne Mountainbiketour.
Meine Tour begann wie immer mit einigen Metern Radweg entlang der B82, bis ich zur ersten Steigung, der Schützenallee kam. Diese brachte mich aber recht schnell weg vom hektischen sonnabendlichen Straßenverkehr in die Natur, die ich so sehr liebe. Auch gerne alleine auf dem Fahrrad. Ich ließ den Giengelsberg, Gelmkeberg, Hahnenberg rechts liegen und begann am Waldhaus im Okertal einem etwas herausfordernden Anstieg zur Käste. Der Waldweg verdiente den Namen eigentlich nicht. Denn der Wald ist ja nicht mehr in gewohnter Weise vorhanden. Keine schattenspendenden Bäume, aber es wächst ja schon sehr viel nach und so erholt sich der Wald von den Schäden des Borkenkäfers. Die Natur denkt halt weiter, als wir Menschen. Vor allen Dingen mit längerem Zeithorizont.
Die fehlenden Bäume gaben den Blick auf die andere Seite des Oktertals frei. Hahnenberg, Brautstein, Kahberg und Dicker Kopf kenne ich ja zu Genüge, wenn ich westlich des Okertals meine Runden auf dem Radl drehe.
Aber die fehlenden Bäume geben auch den Blick auf die beeindruckenden Klippen im Okertal frei. Diese Klippen, entstanden durch Jahrtausende der Erosion und geologischen Aktivitäten, boten einen wunderschönen Anblick. Der frisch geschotterte Waldweg, oft als “Waldautobahn” bezeichnet, war heute etwas anstrengend zu fahren, denn der Wind meinte es nicht immer gut mit mir. Aber die Aussicht von der Kästestraße, wie der Waldweg heisst, auf die herbstliche Flora und Fauna entschädigte für die Mühen.
Ein weiterer Textklau aus dem eingangs genannten Lied: “Ich kam ganz gut voran”. Nach knapp einer Stunde hatte ich die Käste erreicht. Leider steht das alte Kästehaus ja seit fast genau 5 Jahren nicht mehr. In dieser Septemberwoche im Jahr 2019 wurde es abgerissen. Und bisher ist es nicht wieder aufgebaut. Mich ärgert dieses Behördenversagen. Zig Ausreden, aber keine Lösung. Das ist es doch, was nach meiner Wahrnehmung heute viele Verwaltungsakte ausmacht. Wir haben nicht genug Parkplätze für Lkw an den Autobahnen. Anstatt mehr zu bauen, pflastern wir die Seitenränder mit Betonpollern zu, so das noch weniger Lkw einen Standplatz für ihre gesetzlich vorgeschriebenen Ruhezeiten haben. Die Politikverdrossenheit ist wohl auch zum Teil Verwaltungsverdrossenheit. So waren meine Gedanken, als ich an der Käste vorbei fuhr. In der letzten Woche auf einer Dienstreise hörte ich den Begriff, dass Deutschland abgewirtschaftet sei. Dem kann ich nicht viel hinzufügen. Ich schrieb ja auch schon während der Coronazeit: Überreguliert.
Doch ich schob die Gedanken beiseite, denn der Gegenwind, der mir auf meiner Fahrt in Richtung Diabassteinbruch entgegen blies, war nicht von schlechten Eltern. Den Brocken vor mir stehend radelte ich gegen die etwas stärkere Brise an, um nach einer kurzen und knackigen Steigung über den Ahrendsberger- und Ahornweg in Richtung Bad Harzburg zu fahren. Hier folgte eine erfrischende Abfahrt durch das Riefenbachstal. Der dem Tal namensgebende Riefenbach war heute fast ausgetrocknet, aber das kommt schon wieder. Und die schöne Abfahrt brachte mich dann in den -um Bad Harzburg häufig anzutreffenen- wunderbaren dichten Laubwald.
Der Wildkatzenstieg, auf dem ich mich nun befand, wurde von mir recht schnell verlassen, um den schönen Singletrail am Riefenbach weiter durch die erfrischend wirkenden Laubbäume zu cruisen.
Das ist und war mal wieder ein echtes Highlight. Schade nur, dass der umgestürzte Baum, der vor über einem halben Jahr in Kopfhähe abgesägt wurde und über dem Trail hing, immer noch nicht gestutzt ist. Mittlerweile war das Ende mit einem roten Hundekotbeutel umwickelt. So wird man wenigstens gewarnt, bevor man sich den Kopf stößt. Verstehe einer diese fehlende Sensibilität. Ein Meter mehr absägen und die Gefahr für Wanderer und Radler wäre gebannt. Mitdenken ist nicht jedermanns Ding (oder jeder Frau Ding?). Ach ja, ich schrieb ja schon über Behörden, denn da waren sie wieder meine oben aufgeführten diesbezüglichen Gedanken.
Wie auch immer, ich fuhr noch östlich des ehemaligen Harzburger Hofs, auf einem schönen Trail, bevor ich am Großparkplatz die B4 überquerte. Es ging ins Kalte Tal und auf diesem Weg schien die Sonne schön durch die noch sehr grünen Laubbäume.
Einige waren rechtsseitig umgestürzt. Aber das interessiert mich erst nachher, wenn ich wieder zurück komme.
Ich fuhr am sogenannten Schweineteich vorbei. Ich sah zwar gar keine Schweine, dafür aber eine schöne Spiegelung von herbstlichen Bäumen. Hier begann nun die Auffahrt durch das Kalte Tal zum Burgberg.
Der Anstieg war gesäumt von freundlichen Wanderern aller Altersgruppen, was die Fahrt besonders angenehm machte. Wir grüßten viel und ich kurz vor dem Burgberg rief mir eine nette Dame zu: “Respekt”. Nun, das hört man gerne…
Vom Burgberg wollte ich nun zum Kreuz des Deutschen Ostens fahren. Auf dem etwas steinigen Weg bis zur Säperstelle hörte ich eine Mutter mit ihrem pubertierenden Kind schimpfen. “Verflixt und zugenäht”. Ach, wie kannte ich diesen Spruch aus meiner Kindheit. Doch wo kommt er her? Zu Hause angekommen schaute ich doch gleich noch einmal im Internationalen Netzwerk rein und Wikipedia beschreibt, dass diese Redewendung einem Studentenlied entstammen würde.
Ich habe eine Liebste, die ist wunderschön,
sie zeigt mir ihre Äpfelchen, da ist’s um mich gescheh’n.
Doch als mir meine Liebste der Liebe Frucht gesteht,
da hab’ ich meinen Hosenlatz verflucht und zugenäht
Quelle: Verflixt und zugenäht – Wikipedia
Nun, diese Wortherkunft erscheint mir doch schöner und anregender, als die zweite Theorie, nach der dieser Ausspruch genutzt wurde, wenn beim Fechten von Studenten eine starke Verletzung entstand, dass sie sofort zugenäht werden musste.
Jetzt bin ich um etwas Wissen, was die Welt nicht braucht, reicher und komme zurück zur Tour. Doch ich musste schon lächeln, als ich diesen Satz hörte und die Familie, der er entsprang, auf dem holprigen Weg passierte. Ich passierte auch noch die Säperstelle und fuhr von lebenden Laub- und toten Nadelbäumen gesäumt, ratz fatz nach oben zum Kreuz des Deutschen Ostens.
Dort, am Denkmal, nach dem Zweiten Weltkrieg errichtet zur Erinnerung an die Vertreibung und das Leid der Deutschen im Osten, war wieder ein etwas größerer Menschenauflauf. So bot dieser Ort keinen Moment der Besinnung und Ruhe, wie er wohl angebracht wäre angesichts der furchtbaren kriegerischen Entwicklungen im Nahen Osten oder auch in der Ukraine – auch mit Beitrag der westlichen Welt.
Mein nächstes Ziel waren die Rabenklippen. Ich schaute noch einmal linksseitig in Richtung Sachsen-Anhalt bzw. Ilsenburg
und es dauerte auch nicht lange, und ich war am gleichnamigen Gasthaus, an dem eine Pause einlegen wollte.
Leider waren alle Tische mit herrlichem, sonnigen Ausblick auf den Brocken belegt. Und zu allem Überfluss hatte ich mein Geld zu Hause vergessen. Also war nichts mit einer Brotzeit und einem süffigen Getränk. Stattdessen nutzte ich die Gelegenheit, die Rabenklippe zu besteigen und einige Fotos vom Brocken zu machen. Die tiefstehende Sonne ließ kein gutes Bild zu. So half ich dann noch einer Dame mit Höhenangst, ein Foto mit ihrem Handy zu schießen. “Können Sie auch ein Foto von uns machen”, so sagte dann sogleich auch eine junge lächelnde Dame, die mit ihrer -wie sich nachher herausstellte- nicht minder freundlichen Mutter auf die Klippen stieg. Na klar, da könnte ich ja ein nachhaltiges Geschäft als Fotograf auf der Klippe eröffnen. Ich machte dann auch noch das ein oder andere Foto mit Brocken im Hintergrund und auch mit der Taubenklippe.
Die Erinnerung an Himmelfahrt, als ich mit Claudia und Sabine dort radelte kamen hoch. Hierzu gibt es noch den Artikel mit dem vielsagenden Titel “Kontrastreiche Himmelfahrt“. Die lustige Tochter und die ebenso nette Mutter waren Naturtalente. Oder ich war es. Denn die fotografische Speicherung dieser lustigen Zeitgenossinen mit der Taubenklippe im Hintergrund waren der Hammer. 1A – besser kann man es nicht fotografieren, oder sich vor der Kamere in Szene setzen.
Nun, die Geschäfte ließen abrupt nach, die Gage von Null Euro hatte ja auch nicht die Größenordnung, dass ich perspektivisch meinen hauptberuflichen Job an den Nagel hätte hängen können, und so startet ich nach 5 – 10 Minuten hier wieder in Richtung Goslar.
Der Rückweg führte mich über das Molkenhaus, wo ich aufgrund der schon erwähnten fehlenden Finanzmittel leider auch nichts essen oder trinken konnte. Und so radelte ich über die Rudolfklippe einen wunderschönen, zugewachsenen Singletrail zur Winterbergklippe, um nach der etwas ruppigen Abfahrt den Winterberg Hangweg zu erreichen.
Der Einstieg war – wie nun seit mehreren Monaten – mit einem aufgeschnittenen umgestürzten Baum verziert, nachfolgend lag noch ein Baum quer über dem Weg, den ich aber noch unterfahren konnte, bis ich schließlich vor dem Tor des Grauens stand. Hier war nix mit fahren und selbst das Fahrrad über den Baum zu heben war durch die vielen Zweige dann doch etwas mühsam.
Aber dafür entschädigte der schöne Flowtrail, der mich zurück nach Bad Harzburg brachte. Die Stadt war voller Leben, mit vielen Touristen, was der Stadt und auch den Gewerbetreiben in finanzieller Hinsicht wohl sehr wohl bekommt.
Für mich ging es schließlich über den Europaradweg R1, auf dem ich auch das Titelbild ablichtete, immer am Waldrand entlang, zurück nach Oker und schließlich nach Hause. Trotz der Nachwehen meiner Atemweginfektion vor 2 Monaten, die mich ab und zu doch noch mal etwas kurzatmiger sein lassen, fühlte ich mich nach dieser Tour motiviert und gestärkt. Kein Wunder bei diesem Kaiserwetter!
Dieser Tag hat mir wieder einmal gezeigt, wie schön und erfüllend das Mountainbiken in der herbstlichen Natur – besonders hier im Harz – sein kann. Es war ein Tag voller freundlicher Begegnungen interessanter Gedanken und atemberaubender Ausblicke – ein Tag, der in Erinnerung bleibt.